Genossenschaftsmodell sollte bei DDR-Transformation zum Zuge kommen

Berlin, 8. November 2018 (geno). Das Genossenschaftsmodell sollte ursprünglich bei der Transformation der DDR-Wirtschaft nach den Vorstellungen der Modrow-Regierung zum Zuge kommen. Treibende Kraft war im Kabinett der vorletzten DDR-Regierung der Minister ohne Geschäftsbereich, Wolfgang Ullmann. Er plante eine Verteilung des volkseigenen DDR-Vermögens in Form von Anteilscheinen an die Bevölkerung und eine umfangreiche Vergenossenschaftlichung ostdeutscher Wirtschaftsbetriebe. Das ergaben jüngste Recherchen der Redaktion GenoNachrichten im Fundus der Robert-Havemann-Gesellschaft in Berlin. Sie beherbergt und pflegt den Nachlass des Kirchenhistorikers, Mitgründers der DDR-Bürgerbewegung „Demokratie jetzt“ und Grünen-Politikers Ullmann.

Das zukunftsträchtige Vorhaben war am Zentralen Runden Tisch von den basisdemokratischen DDR-Organisationen vorgeschlagen und von Ullmann so weit vorangetrieben worden, dass darüber noch in den letzten Tagen vor der Volkskammerwahl am 18. März 1990 entschieden werden konnte. Damit waren die Kerninhalte der Treuhandanstalt definiert und beschlossene Sache.

Wenige Wochen später wurden diese Entscheidungen von der letzten DDR-Regierung unter dem CDU-Politiker Lothar de Maiziere verwässert und unter dem starken Einfluss westdeutscher Wirtschaftseliten und der Bundesregierung ihrer eigentlichen Intention beraubt.

Die Bildung von Genossenschaften war für die von westdeutschen Konzernlenkern dominierte Treuhandanstalt dann keinerlei Überlegung mehr wert. Im Vordergrund stand die möglichst schnelle Demontage der ostdeutschen Wirtschaft, die durch die rasant schnelle Privatisierung als Konkurrent geschwächt oder ganz vernichtet werden sollte. ++ (dd/mgn/08.11.18 – 218)
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Mehr zum Thema Genossenschaftsmodell in den Genonachrichten vom  17. Mai 2018 (geno).(Hier ein Auszug)  Die Treuhandanstalt ignorierte bei der Anpassung der DDR-Wirtschaft an marktwirtschaftliche Verhältnisse Genossenschaften völlig. Sie wären neben der Ausgabe von Anteilscheinen an den volkseigenen Betrieben an die DDR-Bürger eine wirksame Alternative gewesen. Das brachte Dr. Marcus Böick von der Ruhr-Universität Bochum in dieser Woche auf zwei Abendveranstaltungen in Grimma und Hoyerswerda zum Ausdruck, bei denen er die erste umfassende wissenschaftliche Studie über die Tätigkeit der Treuhandanstalt 1990 bis 1994 der Öffentlichkeit vorstellte. Die volkseigenen Unternehmen hätten ohne größere Probleme in Genossenschaften umgewandelt werden können.

Die Treuhandanstalt sollte nach dem ursprünglichen Plan des Runden Tisches, an dem die relevanten Gruppen der Friedlichen Revolution und die Regierung unter Hans Modrow über die weitere Zukunft der DDR berieten, das Volksvermögen bewahren. Letztlich tat sie das genaue Gegenteil und verschleuderte es. Die Vorgänge glichen einer gigantischen, historisch kaum vergleichbaren Plünderungsaktion. Die Ausmaße des Raubzuges sind bis heute kaum zu beschreiben. Statt das Volksvermögen zu hüten, privatisierte diese Anstalt es im Eiltempo. Von 8.500 Betrieben im Sommer 1990 waren bis zum Ende der Treuhandanstalt 1994 nur noch 601 übriggeblieben. Zwei Drittel wurden verkauft überwiegend an Unternehmer aus Westdeutschland. Rund 30 Prozent wurden liquidiert, sprich stillgelegt. Von vier Millionen Arbeitsplätzen blieben maximal 1,1 Millionen übrig…..(vollständiger Beitrag zum Thema Genossenschaftsmodell)