BVR und BAG Wert – alles eine Frage der Bewertung Teil 2

In den GenoNachrichten vom 16.04.24 haben wir uns am Beispiel der „Effenberg-Bank“ mit dem Instrument der Wertberichtigung befasst. In unserem heutigen Beitrag möchten wir noch einmal auf dieses vielseitige Instrument der Bilanzkosmetik eingehen. In Schmalkalden befindet sich mit der Adresse „Am Bad 3- 4“ eine Immobilie der VR-Bank Bad Salzungen-Schmalkalden eG, unter der im Internet eine Seniorenresidenz zu finden ist.  

Nach genoleaks vorliegenden Unterlagen wurde diese Immobilie offenbar im Jahr 2021 oder 2022 zu Anschaffungskosten von 10.806.390,- € erworben. Der Buchwert zum Ende des Jahres 2022 liegt bei 10.485.000,- €. Die jährlichen Mieteinnahmen betragen 453.324,- €, was bezogen auf die Anschaffungskosten einer Mietrendite von ca. 4,2 % p.a. entspricht.  

Einem kundigen und überzeugten Genossenschafter kommt sofort in den Sinn, dass es sich hier um ein Paradebeispiel genossenschaftlicher Solidarität handelt. Denn für eine Seniorenresidenz in der Region ist eine Mietrendite von 4,2 % pro Jahr im Sinne der Genossenschaftsidee völlig ausreichend. Schließlich geht es in einer Genossenschaft und damit auch in einer Genossenschaftsbank nicht darum, die Genossenschaft mit Gewinnen zu füttern, sondern den Mitgliedern Nutzen zu stiften. 

Nun kommt allerdings die Frage auf: Wie wurde diese Seniorenresidenz von den Gutachtern der BAG Wert GmbH bewertet. Das ist bisher noch nicht bekannt, kann aber durchaus noch bekannt werden. 

Aber nimmt man z. B. an, dass die von BAG-Wert angesetzten Marktwerte sich im Bereich von Mietrenditen zwischen 9% und 11% pro Jahr bewegen dann kann man folgendes daraus berechnen:

Eine Mietrendite von 9% entspricht einem Multiplikationsfaktor vom 11,11-fachen, von 10% einem Multiplikationsfaktor vom 10,0-fachen und bei 11% einem Multiplikationsfaktor vom 9,1-fachen der Jahresmiete.

Bei einer Mietrendite von 9% läge der Marktwert bei 5.036.000,00 €. Zum Buchwert von 10.485.000,00 € ein Verlust von 5.449.000,- €.

Bei einer Mietrendite von 10% läge der Marktwert bei 4.533.000,00 €. Zum Buchwert von 10.485.000,00 € ein Verlust von 5.952.000,- €.

Bei einer Mietrendite von 11% läge der Marktwert bei 4.121.000,00 €. Zum Buchwert von 10.485.000,00 € ein Verlust von 6.354.000,- €.

Unter diesen Gesichtspunkten lässt sich bei einer Gesamtbetrachtung des im Jahr 2021 bei der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG vorhandenen Immobilienbestandes folgendes ermitteln:

In der Konzernjahresbilanz 2021 der VR-Bank werden, im Anhang zur Bilanz, Grundstücke und Gebäude mit einem Buchwert von insgesamt 233 Mio. EUR ausgewiesen. Die erzielten Mieterträge belaufen sich auf ca. 15 Mio. EUR. Dies entspricht einer durchschnittlichen Mietrendite von Ø ca. 6,4 % pro Jahr.  

Wenn nun durch einen neu besetzten Vorstand und Einzelaufsichtsrat Immobilienbewertungen in Auftrag gegeben werden und der beauftragte Gutachter die Mietrendite auf 8% oder mehr ansetzt, kommt es zwangsläufig zu erheblichen Wertminderungen der Immobilien und damit zu Verlusten.

Bezogen auf den im Jahr 2021 bestehenden Buchwert des gesamten Immobilienbestandes von 233 Mio. EUR würden sich die Verluste im Immobilienportfolio wie folgt darstellen: Bei einer angenommenen

Mietrendite von 8% ca. 45 – 50 Mio. EUR Verlust im Immobilienbereich

Mietrendite von 9% ca. 66 – 70 Mio. EUR Verlust im Immobilienbereich

Mietrendite von 10% ca. 83 – 85 Mio. EUR Verlust im Immobilienbereich

Mietrendite von 11% ca. 97 – 100 Mio. EUR Verlust im Immobilienbereich

So ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass im Vorfeld den Medien Vermutungen zugespielt wurden, dass der Bank Verluste von 70 Mio. EUR und mehr drohen. Denn diese eigentlich ganz einfache Milchmädchenrechnung konnte bereits seit Veröffentlichung der Bilanz 2021 vorgenommen werden. 

Denn immer ist alles eine Frage der Bewertung. Und natürlich kommt es dann auch darauf an, wer die Bewertung in Auftrag gibt, wer sie durchführt und wer sie am Schluss überprüft.

VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG
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5 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • @ Georg Scheumann: Nicht zwingend, Spenden soziale oder karitative Zwecke und Ausschüttungen an Genossen sind ja möglich.

    Nur bei der Verwaltung von mehreren Millionen EUR bis hin zu Milliarden an Kundengeldern gelten nunmal, Gott sei Dank, strengere Richtlinien hinsichtlich der Buchführungspflichten und des Risikomanagements.

    Das kann auch in einer Genossenschaft funktionieren, man darf halt nicht wilde Sau spielen;-). Funktioniert bei vielen Genossenschaften ja auch wunderbar.

    Es besteht ja kein Zwang Genosse bei einer Bank zu werden, nur wenn ichs bin, gelten nunmal andere Spielregeln

  • Herr Scheumann, was Igenos hier zu diesem Thema verbreitet, ist schlichtweg fachlicher Unfug. Kommentator Mb hat doch gut und mit einfachen Worten erklärt, was das HGB zur Frage der Bewertung von Vermögen vorgibt. Dafür ist es vollkommen unerheblich, ob es sich beim Bilanzierungspflichtigen um eine Bank oder ein anderes Unternehmen handelt. Genauso irrelevant ist die Rechtsform. Auch eine Bank in der Form einer GmbH oder AG hätte exakt die gleichen handelsrechtlichen Vorschriften einzuhalten. Ihre merkwürdigen „Rechenbeispiele“ sind hochgradig irreführend und haben nichts mit einer seriösen Immobilienbewertung gemein, die eine Vielzahl von Verfahrensschritten und Variablen beinhaltet. Sie erfolgt aber jedenfalls nicht über den Absatz irgendwelcher Mondrenditen, wie von Ihnen suggeriert wird. Über den Diskussionsbeitrag von H. F., der als angebliche Führungskraft einer „Großbank“ den Unterschied zwischen Cashflow und Rendite nicht zu kennen scheint, kann man sich auch nur wundern. Abschreibung ist nicht liquiditätswirksam, mindert allerdings den handelsrechtlichen Gewinn und somit auch die Rendite einer Investition. Eine Brutto-Mietrendite von gut 4% ist deshalb alles andere als auskömmlich, weder für eine Genossenschaftsbank noch sonst einen kompetenten Investor.

  • Georg Scheumann
    25. April 2024 10:43

    Und was ist die größte Erkenntnis aus der Kritik von Mb?

    Die Rechtsform Genossenschaft ist für das von der BaFin überwachte Geschäftsmodell Universalbank absolut ungeeignet, da dieses Bankgeschäft in der heutigen Form dem gesetzlichen Pflichtauftrag jeder Genossenschaft entgegensteht.

  • Leider Schwachsinn was hier geschrieben wird…

    Weder BVR noch Bafin hat damit was zu tun, sondern das sogenannte HGB und die deutsche Rechnungslegung. Wenn der Wert des Vermögensgegenstandes, aufgrund der Marktbedingungen und des Zinsniveaus, nicht mehr den Buchwert hat liegt eine sog. dauernde Wertminderung vor und es muss abgeschrieben werden. Das ist hier der Fall. Und auch das GenG steht nicht über dem HGB…

    Sollte man auch in der zweiten Führungsebene einer Großbank wissen.

    In diesem Fall wohl eher klassisches Versagen des Vorstandes (schlechtes Risikomanagement) und des Aufsichtsorgans

  • Als Bankkollege stimme ich Ihren Ausführungen zu. Sie sollten nur noch konkret darauf hinweisen, dass es ganz gezielt um die Investition einer Bank in Immobilien zur Kapitalanlage geht. Bei einer Einzelbetrachtung könnte sonst der Eindruck entstehen, dass eine Mietrendite von 4,2 % auf die Anschaffungskosten für einen Einzelinvestor zu niedrig ist, da dieser bei der Einzelinvestition zusätzliche Aufwendungen hat, die bei der Bank bereits vorhanden sind, unabhängig davon, ob die Immobilie von der Bank gekauft wird oder nicht. Abschreibungen, die auf die Immobilie entfallen, wirken sich ohnehin nur steuerlich aus, aber nicht durch Mittelabfluss.
    Ich stimme Ihnen auch zu, dass diese Seniorenresidenz vor Ort in Schmalkalden ein Paradebeispiel für genossenschaftliche Solidarität ist.
    Nur, das interessiert BVR und BaFin schon lange nicht mehr. Deswegen bin ich auch nicht mehr bei einer Genossenschaftsbank in der zweiten Führungsebene tätig, sondern bei einer Großbank. Und ich habe es noch nie bereut.

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