Wegweisendes Urteil zugunsten innergenossenschaftlicher Transparenz und Mitbestimmung

Wiesbaden/Rüsselsheim, 6. Januar 2022 (geno). Ein wegweisendes Urteil zugunsten innergenossenschaftlicher Transparenz und Demokratie fällte zum Jahreswechsel das Landgericht Wiesbaden. Ein Mitglied der genossenschaftlich organisierten Volksbank Rüsselsheim, das zugleich der Interessengemeinschaft der Genossenschaftsmitglieder (igenos) angehört, hat sich an andere Mitglieder der Genossenschaftsbank gewandt. Dazu hatte es zuvor von den Führungsgremien der Kooperative die Mitglieder- und die Vertreterliste erbeten und erhalten. Auf dieser Grundlage hatte der Genossenschafter andere Genossenschaftsmitglieder bzw. deren Vertreter angeschrieben. Gegen dieses Vorgehen hatte der Vorstand der Genossenschaftsbank geklagt. Angeblich habe das Mitglied gegen die Datenschutzverordnung verstoßen. Außerdem kündigte der Vorstand die Bankverbindung des Mitglieds.

Das Landgericht Wiesbaden wies die Klage zurück und gab dem massiv unter juristischen Druck gesetzten Genossenschaftsmitglied Recht, indem es seine Informations- und Auskunftsbedürfnisse als vollständig berechtigt einstufte. Die Richter argumentieren in der Urteilsbegründung mit folgenden Kernsätzen: „Vielmehr ergibt sich der Anspruch auf eine entsprechende Information aus dem Mitgliedschaftsrecht an sich. Aufgrund der Struktur der Klägerin werden die Mitglieder durch die Vertreter als Organ vertreten, d.h. die Vertreter sind hier aus der Summe der Mitglieder gewählt worden, sind also vorrangig die Vertreter der Mitglieder in Ausübung der Rechte im Rahmen der Genossenschaft. Insofern ist ein berechtigtes Interesse jedes einzelnen Mitglieds an der Aushändigung einer entsprechenden Vertreterliste gegeben.“ Bezüglich der Vertreterversammlungen von 2015 bis 2019 bestehe ebenfalls ein Anspruch auf Abschrift der Niederschriften. Selbst wenn sich dies nicht automatisch aus der Satzung ergeben sollte.

Erstaunlicher- und bezeichnenderweise wurden die klagenden Führungsgremien der Rüsselsheimer Genossenschaftsbank von einer Anwaltskanzlei vor Gericht vertreten, die zur Genossenschaftsorganisation „Verband der Regionen“ gehört, so die Wistleblower Platform genoleaks.de ++ (gb/mgn/06.01.22 – 004)

www.genonachrichten.de, e-mail: mg@genonachrichten.de, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27

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2 Kommentare.

  • Gerald Wiegner
    17. Januar 2022 22:02

    Absender: Dr. jur. Jürgen L. Eingang über Poststelle

    Das Urteil weist in die angezeigte Richtung, nämlich die Sicherung fundamentaler Rechte der Mitglieder auf Gestaltung ihrer Genossenschaft gegenüber Ansinnen des Managements.

    Der Verfasser dieses Kommentars hat bereits früher die Bereinigung des genossenschaftlichen Regelwerks von Verschiebungen der Macht in den Genossenschaften von den Mitgliedern zum Management angemahnt – was im „Dritten Reich“ begann und bis heute beibehalten wurde – weil deren Profiteure und ihre Helfer bis heute Korrekturen zu verhindern wissen.

    Dem Landgericht ist es – zumindest für diesen Streitfall – trotzdem gelungen, zu zeigen, wer Herr über die Genossenschaft und wer ihr Diener ist.

    Dennoch besteht kein Grund zum Jubel, denn benachteiligte Mitglieder müssen weiterhin mühselig, stets mit ungewissem Ausgang, um ihre Belange vor Gericht , streiten.

    Dauerhaften Rechtsfrieden brächte nur eine Bereinigung der Rechtsregeln.

  • Jürgen Lewerenz
    17. Januar 2022 11:17

    Das Urteil weist in die angezeigte Richtung, nämlich die Sicherung fundamentaler Rechte der Mitglieder auf Gestaltung ihrer Genossenschaft gegenüber Ansimnen des Managements.

    Der Verfasser dieses Kommentars hat bereits früher die Bereinigung des genossenschaftlichen Regelwerks von Verschiebungen der Macht in den Genossenschaften von den Mitgliedern zum Management angemahnt – was im „Dritten Reich“ begann und bis heute beibehalten wurde – weil deren Profiteure und ihre Helfer bis heute Korrekturen zu verhindern wissen.

    Dem Landgericht ist es – zumindest für diesen Streitfall – trotzdem gelungen, zu zeigen, wer Herr über die Genossenschaft und wer ihr Diener ist.

    Dennoch besteht kein Grund zum Jubel, denn benachteiligte Mitglieder müssen weiterhin mühselig, stets mit ungewissem Ausgang, um ihre Belange vor Gericht , streiten.

    Dauerhaften Rechtsfrieden brächte nur eine Bereinigung der Rechtsregeln.

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