Bremer Höhe eG mit Wurzeln der „inneren Kolonisation“

Berlin, 3. Januar 2020 (geno). Die Berliner Wohnungsgenossenschaft „Bremer Höhe“ eG erwarb vor zehn Jahren die Wohnhäuser des Ortsteils Hobrechtsfelde und setzte damit neue Maßstäbe des genossenschaftlichen Siedlungsbaus. Eine Zeitung titulierte das Projekt als „Dorf, das sich selbst gehört“. Der von der wiederum zehn Jahre zuvor gegründeten Genossenschaft gezahlte Kaufpreis betrug 900.000 Euro. Die „Bremer Höhe“ wird inzwischen als Modellfall betrachtet, der sich nuancenreich über der Bundeshauptstadt ausbreitet. Die Genossenschaft war nämlich am 1. Mai 2000 in den privaten Kaufvertrag über das gesamte Siedlungsareal eingetreten und rettete damit die betreffenden Wohngebäude in Berliner Randlage vor spekulativer Wohnungsbewirtschaftung.

Die „Bremer Höhe“ mitten in Berlin-Prenzlauer Berg hatte bereits im wilhelminischen Preußen ein wohnungspolitisches Experiment des christlichen Genossenschaftsreformers Victor Aime Huber absolviert. Er war von 1849 bis 1852 im Vorstand der Berliner Gemeinnützigen Baugesellschaft tätig, die auf den Grundstücken Schönhauser Allee 58 und 58a sechs Kleinhäuser für 15 Familien errichtete. Dort wollte der in Deutschland kaum bekannte Huber seine Vorstellungen von Wohnungenossenschaften verwirklichen, die er auf zahllosen Reisen durch Belgien, Frankreich, England und andere europäische Länder gewonnen hatte. Allerdings währte der Test nur bis 1888/89, als die Gebäude verwahrlost waren und abgerissen wurden.

Der Name „Bremer Höhe“ ist auf Hubers Schwiegervater, den Bremer Senator Hieronymus Klugist, zurückzuführen. Der wohlhabende Hanseat griff dem Sozialreformer finanziell kräftig unter die Arme, damit dieser die von ihm verfochtene Idee der „inneren Kolonisation“ in die Praxis umsetzen konnte. Hubers Aufruf zur Gründung, Finanzierung und Leitung von Wohnungsgenossenschaften richtete sich allerdings nur an die finanziell und ideell Bessergestellten. Eine Beteiligung der prekären Arbeiterschaft war für ihn erst vorstellbar, wenn diese durch das Leben in den Genossenschaften von den Eliten zur Selbsthilfe angestiftet worden wäre. Nach den sozialpolitischen Plänen von Huber, der in Fachkreisen als ein geistiger Wegbereiter der deutschen Genossenschaftsbewegung gilt, sollten die Familien durch ihre Mietzahlungen Schritt für Schritt zu Eigentümern ihrer Wohnungen werden und auf diese Weise ihr finanzielles Fortkommen konsolidieren. Absicht war, sie durch verschiedene christliche Bildungseinrichtungen zu einer organischen Gemeinschaft zusammenzuschweißen. ++ (wg/mgn/03.01.20 – 002)

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