Die Fusionen unter den Genossenschaftsbanken und das damit verbundene Genossenschaftssterben ist anscheinend nicht mehr aufzuhalten.
Begünstigt wird diese Entwicklung durch die Einführung der Vertreterversammlung – also die weitgehende Abschaffung der Generalversammlung. Das nun unzureichend informierte Vertreter, in offener Abstimmung, also unter Gruppenzwang und häufig einstimmig über die Auflösung ihrer Genossenschaft abstimmen, ist ein Skandal.
Diese, von den Genossenschaftsverbänden ferngesteuerte Vorgehensweise ist erfolgreich, da die Vertreterversammlung nicht über alle Alternativen zur Fusion aufgeklärt werden. Nach Auffassung von igenos , der Interessenvertretung der Genossenschaftsmitglieder, hat diese Vorgehen nichts mehr mit der Genossenschaftsidee zu tun. Genossenschaft funktioniert von unten nach oben.
Aus aktuellem Anlass greifen wir unser Szenario zur BVR Fusionspolitik noch einmal auf. Wie sieht die Bankenlandschaft der Zukunft aus.

Was ist ein Szenario. Szenerien zeigen mindestens drei, in der Regel aber bis zu fünf stark voneinander abweichende Entwicklungen auf. Sogenannte “Teil-Szenarien“.   Unser nachstehender Beitrag vom 19.03.18. geht z.B. auf eines von mehreren möglichen Teil Szenarien ein und  die getroffenen Annahmen bezogen sich nur auf die VR-Banken bzw. die Volks- und Raiffeisenbanken in Norddeutschland.    Lediglich 17 regionale “VR Genossenschaftsbanken” reichen aus, um ganz Norddeutschland mit Bankdienstleistungen abdecken, so ein aktuelles GenoLeaks Szenario für das Jahr 2025. Statistisch gesehen fallen auf die fünf norddeutschen Bundesländer/Stadtstaaten 18,19 Prozent der Gesamtbevölkerung und 23,4 % der Gesamtfläche der Bundesrepublik Deutschland. Eine Hochrechnung auf das Bundesgebiet ist auf dieser Basis jedoch unzulässig, dafür sind die regionalen Teilmärkte zu unterschiedlich. Letzteres trifft besonders auf Bayern, Baden-Württemberg und Ostdeutschland zu. Die im GenoLeaks Szenario Norddeutschland ermittelten, verbleibenden 17 regional tätigen genossenschaftlichen Großbanken, verteilen sich auf die Bundesländer Schleswig Holstein mit den Bankstandorten Pinneberg, Husum, Kiel und Lübeck. Das flächenmäßig größere Bundesland Mecklenburg Vorpommern hat künftig ebenfalls vier genossenschaftliche VR Regionalbanken und ist heute bereits mit nur neun “VR-Genossenschafts­banken” richtungsweisend. Niedersachen hat laut Szenario künftig sieben VR-Regionalbanken. Die beiden Stadtstaaten Hamburg und Bremen werden jeweils mit einer VR-Genossenschaftsbank vertreten sein.(weiterlesen)

Zum Hintergrund. Das Szenario wurde von igenos initiiert, um eine Beurteilung der eigenen Aktivitäten im Marktumfeld vorzunehmen und Denkanstöße auszuarbeiteten.

Die dem Szenario zugrundeliegenden Annahmen waren sehr unterschiedlich. Annahme 1 basierte auf der fortschreitenden, sich weiter beschleunigenden Fusionswelle. Annahme 1 wird begünstigt durch die bereits eingeführte Vertreterversammlung.

Den Gegenpol bildet Annahme 2 mit dem sofortigen Stopp der Fusionswelle. Annahme 2 wird begünstigt, weil Vorstände und Aufsichtsräte – als haftende Organe mit den Folgen des § 25 Umwandlungsgesetz konfrontiert werden. Die daraus resultierende Prozessflut führte zum Abbruch der Fusionsverhandlungen.

Die Umsetzung der Annahme 2 führte in der Konsequenz zum Verkauf des „Retail Bankgeschäfts“ an die SPARKASSEN. Der Wettbewerb in lokalen Märkten, die Digitalisierung und Regulierung begünstigen die Entwicklung. Die Bargeldversorgung erfolgt über ein Cash-Recycling der Supermärkte und Tankstellen. Als Alternative zum SPARKASSEN Szenario wird den Firmenkunden-Mitgliedern eine Übertragung ihrer Geschäfte auf die neu zu gründende VR-Bundesland AG für Mittelstandsfinanzierung angeboten. Mitglieder und Bestandskunden werden von der neuen genossenschaft-lichen VR-Bundesland AG übernommen.

Im Unterschied zur Verschmelzung und Aufgabe von Vermögen und Selbstständigkeit bleibt bei dieser Annahme die Genossenschaft im Ort erhalten. Lediglich der Geschäftszweck wird per Satzungsänderung an die Gegebenheiten vor Ort angepasst. Die Festlegung des neuen Geschäftszwecks erfolgt durch die Mitglieder in einer Generalversammlung. So kann eine Bankgenossenschaft in eine Energie-, Dorf-, Dienstleistungs- oder Wohnbaugenossenschaft umgewandelt werden und das Vermögen bleibt im Ort. In allen Fällen wird die genossenschaftliche Förderung der Mitglieder durch ihre Genossenschaft sichergestellt.

Zurück zur Ausgangssituation:
Der BVR ist als Bankenverband sehr erfolgreich.

Wäre der BVR eine AG und kein Zusammenschluss vieler kleiner selbständiger Genossenschaften, würden die Börse und die Anleger jubeln. igenos sieht derzeit keinen Grund zum Jubeln.

Der BVR ist ein Verband in der Rechtsform eines Vereins. Dieser Verband wird von den Mitgliedern genossenschaftlich finanziert und zeichnet sich trotzdem durch wenig Transparenz aus.

Die dem BVR angeschlossenen VR-Banken, Volks- und Raiffeisenbanken nutzen das Logo und den vom BVR vorgebenen Markenauftritt. Hierzu gehören auch Bankprodukte und Vertriebskonzepte. Eigentümer des BVR sind die sich auf knapp 900 VR-Bank, Volks- und Raiffeisenbanken, bzw. deren Mitglieder. Die BVR Strategie.
Das BVR Konzept „Nachhaltigkeit im Kundengeschäft“ wurde konsequent umgesetzt und spiegelt sich in den Ertragszahlen wider. Der Preis war hoch – die genossenschaftliche Idee wurde aufgegeben.

Die Konsequenz der erfolgreich aufgegangenen Strategie war klar. „Risikokunden werden aussortiert.“ Hier sind der Staatsaufsicht Vorwürfe zu machen, die den Missbrauch der Rechtsform eG duldete.

Auch die von der internationalen Unternehmensberatung A.T.Kearney entwickelte Fusionsstrategie „Ein Markt eine Bank“ geht auf. Die Anzahl der selbstständigen Banken nimmt ab. Auch hier läuft alles nach Plan. In beiden Fällen wird die vom BVR entwickelte Strategie, von den Prüfungsverbänden rücksichtslos durchgesetzt. Vorbild ist immer noch das 1934 eingeführte Führerprinzip, in der Managementsprache „Top-down“ genannt.

Offiziell werden die Banken von ihren beratenden Verbänden nicht bevormundet. Die Genossenschaften wir empfohlen unrentabel Zweigstellen zu schließen. Die Genossenschaftsbanken dürfen sich ihren Fusionskandidaten aussuchen, die BaFin spielt den Handlanger und bewertet die Fusionsbemühungen der Bankvorstände. Vorstände, die nicht „mitspielen“, erleben den nur beratenden Prüfungsverband von einer anderen Seite.

Die Vorgehensweise ist anscheinend identisch. Der Verband führt Sonderprüfungen durch – kritisiert die Kreditvergabepolitik der Vorstände – die eigentlich ihren regionalen Markt sehr gut kennen – es werden im jährlichen Prüfungsbericht Sonderwertberichtigungen vorgenommen.

Diese Wertberichtigungen führen dazu, dass die Bank ein schlechtes Betriebsergebnis hat, was von einem Wirtschaftsprüfer des Verbands testiert wird. Der Vorstand wird laut Genoleaks vorliegenden Informationen bei der BaFin angezeigt, die Bafin reagiert. Der Vorstand hat Zeit nachzubessern und kann zu seiner Ehrenrettung unverzüglich Fusionsverhandlungen aufzunehmen.

Erfolgt das nicht, sind die Konsequenzen klar. Dem mithaftenden Aufsichtsrat wird von seinem, Prüfungsverband nahegelegt, den Vorstand zu entlassen.

Der Prüfungsverband präsentiert häufig einen Nachfolgekandidaten, der erst einmal als Prokurist das Vertrauen der Genossen vor Ort gewinnt.

Die Fusion wird vorbereitet, der Verbandsprüfer wird wegen seiner guten Leistungen vom Prokuristen zum Vorstand ernannt.

Mit jeder Fusion geht ein Stück regionale Selbstverwaltung verloren. Mit jeder Fusion erfolgt ein Stück Gleichschaltung – mit jeder Fusion baut sich ein herrenloses Genossenschaftsvermögen auf. Vermögenswerte, die ursprünglich für die Förderung der Mitglieder gedacht waren.

Dieser Beitrag gehört zu den Top Archivbeiträgen der Genonachrichten und
wurde in abgewandelter Form am 19.März 2018 hier veröffentlicht.

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