Schont BaFin dubiose Genossenschaften? – Böses Spiel mit guter Sache

Bonn/Berlin, 20. Januar 2020 (geno). Die in Bonn ansässige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) treibt in puncto Genossenschaften mit der guten Sache ein böses Spiel. Zu dieser Schlussfolgerung kommt die 2018 gegründete Bürgerinitiative (BI) „Finanzwende“ in einer umfangreichen Stellungnahme zum Verbraucherschutz. Darin heißt es: „Genossenschaften in Deutschland sind ein gesellschaftspolitisch wichtiges Vehikel mit einem ausgezeichneten Ruf“. Im Vermögensanlagegesetz sei deshalb geregelt, das Anteile an Genossenschaften vom Gesetz ausgenommen sind, wenn für den „Vertrieb der Anteile keine erfolgsabhängige Vergütung gezahlt wird.“ Es ergebe sich daraus die wichtige Frage, wie die BaFin die Einhaltung dieser gravierenden Einschränkung kontrolliert.

Die Bürgerinitiative illustriert das anhand eines Beispiels: „Zu der europäischen Genossenschaft Green Value SCE hat die BaFin am 31. Mai 2019 eine Warnung veröffentlicht, wonach Anhaltspunkte für einen fehlenden Verkaufsprospekt vorliegen. Grund: Für den Vertrieb werde eine erfolgsabhängige Vergütung gezahlt. Fragwürdig erscheint in dem Zusammenhang, warum die Warnung nur auf ‚Anhaltspunkten‘ beruht. Warum hat die BaFin nicht einfach ihre Auskunftsrechte nach § 19 genutzt, um die Frage nach erfolgsabhängigen Vergütungen zu klären ? Und wenn diese einfache Frage geklärt ist: Warum wurde immer noch kein Verbot nach VermAlG ausgesprochen, um die Anlegerinnen wirksam zu schützen ?“

Nach Ansicht der BI „Finanzwende“ ist dieses Beispiel vor dem Hintergrund entscheidend, dass hinter einer Reihe von Genossenschaften im Grunde Vertriebsstrukturen stecken, die gezielt die Prospektfreiheit ausnutzen wollen. Die Stiftung Warentest habe im März 2019 über eine Reihe von dubiosen Genossenschaften berichtet. Ob diese konkreten Fälle von der BaFin überprüft worden sind, sei ungeklärt. Bis September 2019 habe es dazu jedenfalls keine BaFin-Veröffentlichungen gegeben, obwohl selbst der genossenschaftftliche Spitzenverband GdW massiv vor unseriösen Anbietern warnt. Die GdW Landesgruppierung GdB war im Rahmen der eventus-Affäre selbst ins Kreuzfeuer geraten. Das von der Landesregierung in Auftrag gegebene Gutachten, indem die Rolle des GdB untersucht wird, ist immer noch unter Verschluss. Inzwischen arbeitet die Bundesregierung an einer weiteren Reform des Genossenschaftsgesetz. Nachstehend ein Auszug :
Das Genossenschaftsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2230), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

  1. Dem § 1 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
    „Die Kapitalanlage ist als eigenständiger Förderzweck unzulässig.“
  2. § 62 Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt gefasst:„Der Verband ist verpflichtet, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Aufsichtsbehörde unverzüglich eine Abschrift eines Prüfungsberichtes ganz oder auszugsweise zur Verfügung zu stellen, wenn sich aus diesem Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die geprüfte Genossenschaft unerlaubte Investmentge- schäfte im Sinne des § 15 des Kapitalanlagegesetzbuches tätigt oder gegen das Emittenten-Privileg nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 und 1a des Vermögensanlagengesetzes verstößt.“
  3. Dem § 64 wird folgender Absatz 4 angefügt:
  4. (4) Werden der Aufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit Sachverhalte bekannt, die den Verdacht auf Verstöße von Genossenschaften gegen das Kapitalanlagegesetzbuch oder das Vermögensanlagengesetz begründen, so kann sie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht darüber informieren. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht teilt der zuständigen obersten Landesbehörde, in deren Bezirk die Genossenschaft ihren Sitz hat, mit, ob sie auf Grund dieser Hinweise Auskunfts- und Vorlegungsersuchen an Genossenschaften gerichtet hat. (bf/mgn/20.01.20 – 009)

Weiter im Entwurfstext: Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Mit dem Gesetzentwurf werden zwei Ziele verfolgt:

  1. a)  Schutz der Rechtsform der Genossenschaft, der „Marke Genossenschaft“, vor solchen Geschäftsmodellen, die dem „grauen Kapitalmarkt“ zugeordnet werden können (siehe in jüngerer Zeit die Fälle Eventus, Grundwerte und GenoGen).
  2. b)  Beitrag zum Schutz kollektiver Verbraucherinteressen.

Zu diesem Zweck muss der Austausch von Informationen zwischen den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden, den Behörden zur Aufsicht über die genossenschaftlichen Prüfungsverbände und der Bundesanstalt für Finanzdienstleist-ungsaufsicht verbessert werden.

(bf/mgn/20.01.20 – 009) www.genonachrichten.de, e-mail: mg@genonachrichten.de, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27