Fusionen genossenschaftlicher Banken als Allheilmittel gegen Bürokratie verabreicht

Berlin/Frankfurt am Main, 30. Juli 2018 (geno). Eindrucksvolle Schilderungen über die prekäre Lage kleiner und kleinster Genossenschaftsbanken gehören inzwischen zum Standard-Repertoire der genossenschaftlichen Dachorganisationen.+++update++ Dieser Beitrag der GenoNachrichte wurde aktualisiert und ergänzt- weitere Informationen hier ++++

Es soll damit die unabwendbare Notwendigkeit von Bankenfusionen illustriert werden. Davon ausgeschlossen ist auch nicht der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), der zum Schluss dieses Monats auf seiner Jahrespressekonferenz mit seiner Präsidentin Marija Kolak erneut das Klagelied über die EU-Regulierungswut und über die gigantische Bürokratie gesungen hat. Sie treffe die große Deutsche Bank genauso wie die die von einer Person betriebene Raiffeisenbank Gammesfeld in Baden-Württemberg. So hat die Zahl aller Genossenschaftsbanken seit der Finanzkrise von 1.257 auf 915 stark abgenommen.

Zusammenlegungen werden als das Allheilmittel gepriesen, obwohl damit der genossenschaftliche Charakter der Banken schwindet und die Genossenschaftsmitglieder des jeweils kleineren Fusionspartners de facto enteignet werden.

Zu den diesjährigen Klassikern dieser Art Missachtung des Genossenschaftsgedankens gehört die von den Vertretern der Volksbank Griesheim einstimmig beschlossene Fusion. Sie hat resigniert, stellt die Zeitung „neues deutschland“ am Montag fest. „Täglich seien15 E-Mails zur Regulierung eingegangen – zu viel für ein kleines Haus mit 36 Beschäftigten. Die Volksbank schloss sich im Frühjahr der weit größeren Frankfurter Volksbank an“. So endet ein traditionsreiches genossenschaftliches Institut mit 150jähriger Geschichte und einer Bilanzsumme von 322 Millionen Euro im Rachen einer kooperativen Großbank mit 9,3 Milliarden Euro Bilanzsumme.

Soviel Süßholz können die Leitungsgremien gar nicht raspeln, um den auf diesem Umweg enteigneten Genossenschaftsmitgliedern den mehr als faden Geschmack der Aktion zu nehmen. Dennoch gelingt es immer wieder mit einer der beliebten und geradezu einlullenden Standardformel, die im vorliegenden Fall von der Vorstandsvorsitzenden der Frankfurter Volksbank, Eva Wunsch-Weber, zum Abstimmungsergebnis vorgetragen wird: „Sie haben mit Ihrem ‚Ja‘ das Tor in eine gemeinsame Zukunft weiter aufgestoßen. Es folgt der Appell, auf Basis  gemeinsamer Werte zu wirtschaften. Gerade dagegen ist jedoch mit der Fusion gröblichst verstoßen worden. ++ (ba/mgn/30.07.18 – 148)

www.genonachrichten.de, e-mail: mg@genonachrichten.de, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27

Ergänzende Stellungnahme von igenos e.V.
Das Tor der Zukunft führt in eine Sackgasse.  Mit jeder Fusion / Verschmelzung wird die „übergebende Genossenschaft“ gelöscht. Die Verschmelzung bzw. Auflösung von 600 weiteren,  kleinen Genossenschaftsbanken lehnen wir ab, da diese gegen die Mitgliederinteressen verstoßen.
Wir erwarten eine vollständige Aufklärung der Miteigentümer über die Alternativen zur Auflösung ihrer Genossenschaft. Die Mitglieder sollten vollumfänglich darüber informiert werden, dass bei einer Verschmelzung ihrer Genossenschaft das über Jahrzehnte angesammelte Genossenschaftsvermögen an die übernehmende Genossenschaft verschenkt wird.  Als Folge der Digitalisierung und des veränderten Nutzungsverhaltens reichen bundesweit 250 Genossenschafts-Regio Banken, um den deutschen Markt abzudecken.
Der BVR Überlegungen, die Anzahl der Genossenschaftsbanken drastisch zu reduzieren, kann somit grundsätzlich gefolgt werden.
Lösung
Die verbleibenden 600 Genossenschaften sollten jedoch nicht gelöscht werden. Durch eine Satzungsänderung bzw. eine Änderung des Geschäftszwecks kann die Genossenschaft erhalten bleiben, lediglich das Bankgeschäft wird verkauft.
Als Beispiel für direkte Mitgliederförderung und genossenschaftliche Teilhabe und Partizipation stellen wir die Umwandlungen von 600 Volks- und Raiffeisenbanken in Bürger,- Stadtteil,- Dorfgenossenschaften oder Wohnungsgenossenschaften zur Diskussion.
Diese Genossenschaften können sich mit einem Teil ihres Kapitals an den Regionalbanken beteiligen. Die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft ist für große Universalbanken mit mehreren Hunderttausend Mitgliedern völlig ungeeignet. Wir empfehlen darum die Umwandlung dieser Regionalbanken in genossenschaftliche Aktiengesellschaften.
Auszug aus: igenos Arbeitspapier in guter Genossenschaft. Das komplette Dokument finden Sie hier  www.igenos.de,  www.genossenschaftswelt.dewww.coopgo.de, www.geno-bild.de