Seniorengenossenschaften boomen

Bozen/Stuttgart, 22. Februar 2021 (geno). Seniorengenossenschaften boomen – vor allem in Übersee. Überzeugende Ursachen dieser Entwicklung erläutert Prof. Susanne Elsen. Die Dozentin an der Freien Universität Bozen schreibt dazu: „Nach Angaben der UNO wird bis 2050 die Zahl der 65 bis 84jährigen von 400 Millionen auf 1, 3 Milliarden steigen. Die ungedeckten Rentenverpflichtungen belaufen sich allein in den OECD-Ländern auf 35 Billionen US-Dollar. Rechnet man die Kosten der Gesundheitsfürsorge hinzu, verdoppeln sich die Aufwendungen. Besonders wiegt die Tatsache, dass private und öffentliche Armut Folgen der Organisation von Pflegeleistungen sind.“ Die berechtigte Angst vor Armut, Einsamkeit und Fremdbestimmung im Alter einerseits und die Experimentierfreude von älteren Menschen andererseits stünden hinter den Gründungen von Seniorengenossenschaften und anderer kooperativer Formen des Lebens und Wohnens in einer alternden Gesellschaft.

Nach den Worten der Dozentin für Gemeinwesenökonomie gewährleistet das genossenschaftliche Identitäts- und Demokratieprinzip die Selbstkontrolle, Selbstorganisation und Selbstbestimmung in Fragen, die tief in das persönliche Leben der Betroffenen reichen. Ein Vorbild sei die Seniorengenossenschaft Riedlingen in Oberschwaben, die erste in Deutschland. Nach deren Gründung 1991 durch 20 Initiatoren war die Zahl der Genossenschaftsmitglieder nach rund zehn Jahren bereits auf 654 und 113 freiwillige Helfer gestiegen. Die Anregung hatte der Ministerpräsident des Bundeslandes Baden-Württemberg, Lothar Späth, von einer Amerika-Reise mitgebracht und knapp ein Dutzend Modellprojekte auf den Weg gebracht. Die Idee ist auf den französischen Soziologen Claude Levi-Strauss zurückzuführen und im Jahr 1949 von ihm als „generalisierenden Austausch“ präsentiert worden.

Susanne Elsen betrachtet auch Komplementärwährungen als wichtigen Bestandteil von Seniorengenossenschaften. Mit diesen Zeitkonten werde das Engagement von Freiwilligen honoriert. Solche Zeitbanken sind insbesondere in Japan, Neuseeland, USA und Kanada verbreitet. In Deutschland bestehen bei sogenannten Zeitkonten noch massive steuerliche Probleme. ++ (sg/mgn/22.02.21 – 024)

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