WGS Bremen Wohnungsgenossenschaft fördert Mitglieder

WGS Bremen, 11. Oktober 2017 (geno). Hamburg ist schon seit langer Zeit eine Hochburg des genossenschaftlichen Bauens. Dort entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die ersten Wohnungsgenossenschaften. Ihr Ursprung sind alte und starke berufsständische Gruppen wie die Schiffer und Zimmerleute. Im Gegensatz dazu haben sich Wohnungsgenossenschaften in Bremen erst in der Notzeit nach dem Zweiten Weltkrieg in nennenswertem Umfang etabliert. Das erklärte Dieter Sauer, Vorstand der WGS Bremen Wohnungsgenossenschaft eG, am Mittwoch in einem Gespräch mit den Genonachrichten. Auch seine Genossenschaft betreffe das. Sie sei im Jahr 1948 gegründet worden und gegenwärtig mit einem Bestand von 1.225 Wohnungen die drittgrößte des norddeutschen Stadtstaates. Den zeitlichen Vorsprung und eine gewisse Vorbildfunktion erkennt Sauer mit großer hanseatischer Gelassenheit und Großzügkeit den Hamburgern zu, erläutert dagegen auch deutlich erkennbare Vorzüge und  Stärken seiner Genossenschaft. Beispielsweise werden auf die Mitglieder nach umfassender energetischer Modernisierung ihrer Wohnungen deutlich weniger der entstandenen Kosten umgelegt. Anstatt 1,99 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche brauchen die Inhaber solcher Genossenschaftswohnungen nur 70 Cents monatlich mehr zu bezahlen. Die äußerst günstige Kalkulation umfasst dabei ein umfangreiches Leistungspaket. Das Spektrum umfasst Komplett-Vollwärmedämmung des Gebäudes einschließlich Dacherneuerung, gedämmte Haustüranlagen, Einbau von Gegensprechanlagen mit separaten Briefkästen, Einbau von Wohnungs-, Treppenhaus- und Keller-Fenstern aus Kunststoff und die Sanierung der Balkonanlagen. Auf diese Weise modernisiert die WGS Bremen Wohungsgenossenschaft eG jährlich 24 Wohnungen und gibt dafür eine Million Euro aus. Der deutlich sichtbare Vorteil ist ein überzeugendes Argument und Ausweis einer unmittelbaren spürbaren Mitgliederförderung. Dass damit das Interesse an der Mitgliedschaft in der WGS Bremen steigt, ergibt sich als logische Konsquenz. Denn nur Genossenschaftsmitglieder bekommen eine Wohnung. Als gemeinnützige Genossenschaft vermietet die WGS nicht an Nichtmitglieder. Als Mitgliederförderung ist auch die vierprozentige Dividende einzustufen, die auf die eingezahlten Geschäftsanteile von jeweils 155 Euro gewährt wird. Ausdruck der direkten demokratischen Mitbestimmung ist die jährliche Generalversammlung, an der jedes Genossenschaftsmitglied teilnehmen und über wichtige Angelegenheiten der Genossenschaft mitentscheiden darf.

Zum Thema Neubau äußert sich Peter Effer, zweiter WGS-Vorstand. Dazu werden Baugrundstücke benötigt, bei deren Vergabe die Genossenschaft in der Regel benachteiligt wird und leer ausgeht. Die „Schokoladenflächen“ bekommen andere, ist seine Wortwahl. Gemeint sind öffentliche und private Bauinvestoren. So werde verhindert, „teure Gegenden“ mit Sozialwohnungen zu durchsetzen. Dieter Sauer ergänzt, warum das so ist. Da die Genossenschaft dem parteipolitischen Umfeld fernstehe, sich dessen Ränkespielen enthalte und darauf auch bewusst Wert lege, sei die Chance auf geeignetes Bauland gering. Neubau finde deshalb in seiner Genossenschaft gegenwärtig nicht statt.

Sauer weist auf weitere generelle, oft  politisch bedingte Ungereimtheiten hin, die den Genossenschaften zu schaffen machen. Niemand könne beispielsweise erklären, warum Bremen keinen Mietpreisspiegel hat. Andererseit gebe es in Bremerhaven, das zum Stadtstaat gehört, ein solches Steuerungsinstrument. Scharfe Kritik übt der Vorstand auch an der Rechtspraxis im Falle juristischer Auseinandersetzungen. Das Genossenschaftsrecht sei im Wissen der Berufsjuristen nicht nur unterbelichtet, sondern nahezu unbekannt. „Dass ein Richter nicht den Unterschied zwischen Mietvertrag und Mietzins einerseits und Dauernutzungsvertrag und Nutzungsgebühr anderseits kennt“, ist das ein untragbarer Zustand. Bedauerlicherweise gebe es nur wenige Ausnahmen. Ähnlich verhalte es sich im Ausbildungssektor. Das Genossenschaftswesen sei in den Rahmenlehrplänen kaum auffindbar. Angehende Immobilienkaufleute erfahren kaum etwas über die Spezifika der genossenschaftlichen Bau- und Wohnungswirtschaft. Auch nicht an den beiden Berliner Hochschulen, die Immobilienwirtschaft lehren. Das sind die Hochschule für Technik und Wirtschaft und die private Steinbeis-Hochschule. ++ (wb/mgn/11.10.17 – 203)

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