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SOPHIA macht schlau: Genossenschaft geht (auch) anders

Bozen 9.April 2018 SOPHIA ist eine kooperative Initiative, die im Juli 2013 gegründet worden ist, um innovative Ansätze in der traditionsreichen Genossenschaftsbewegung in Südtirol aufzugreifen, sie durch praxisnahe Studien zu begleiten und schließlich mit neuen unternehmerischen Vorhaben zu verwirklichen.

In innovativen Betätigungsfeldern und im Sozialbereich können die Zielsetzungen und die Wirtschaftskultur von Genossenschaften ein zukunftsfähiges Modell der Organisation von Wirtschaft und Gesellschaft darstellen, das auch in Südtirol seinen Platz und seine Bedeutung haben sollte.

Die ersten Genossenschaften sind in Italien und fast zeitgleich in allen Ländern Europas vor etwas mehr als 160 Jahren als Organisationen der Selbsthilfe entstanden, um die wirtschaftliche und soziale Lage ihrer Mitglieder zu verbessern.

Ihre wichtigsten Merkmale haben die Zeit fast unverändert überstanden und das demokratische Verwaltungsprinzip „eine Stimme pro Kopf“ hat in Italien bis heute die Bedeutung von Kapital und Profit als das Maß aller Dinge etwas in den Hintergrund gedrängt. Genossenschaften kümmern sich immer noch vornehmlich um ihre Mitglieder, neuerdings aber auch zunehmend um ihr soziales Umfeld. Hierüber berichteten die Genonachrichten vom 6.April.2018

In den traditionellen Wirtschaftsbereichen beweisen genossenschaftliche Unternehmen eine besondere Fähigkeit, ihre Arbeitsplätze auch in Krisenzeiten zu erhalten. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt aber, dass Neugründungen auch in innovativen Betätigungsfeldern erfolgen.

Seit die Zivilgesellschaft ein wachsendes Bewusstsein für die Herausforderungen der demographischen Veränderungen und für die Notwendigkeit einer zeitgemäßen Selbsthilfe entwickelt hat, erfahren innovative Genossenschaften einen neuerlichen Impuls, weil ihre Zielsetzungen, ihre soziale Einbindung und ihre Wirtschaftskultur ein zukunftsfähiges Modell der Organisation von Wirtschaft und Gesellschaft darstellen.

Sie antworten auf konkrete Bedürfnisse ihrer Mitglieder, sind in den sozialen Kontext eingebunden und nutzen lokale Potenziale und bürgerschaftliches Engagement zugunsten des Gemeinwohls.

Vor diesem Szenario ist die Genossenschaft für soziale Innovation und Forschung SOPHIA entstanden, benannt nach dem altgriechischen Begriff der Weisheit und begründet mit dem Fehlen einer Institution, die in Südtirol Studien über die zukünftigen Entwicklungen und die innovativen Ansätze des Genossenschaftswesen betreibt.

Mit diesem Vorhaben gliedert sich SOPHIA als eigenständige genossenschaftliche Akademie in die Forschungslandschaft Südtirols ein. Sie wird nicht mit öffentlichen Mitteln finanziert, sondern betreibt ihre Studien über Aufträge und Kooperationen, im Einvernehmen mit Partnern und Interessenten; sie ist derzeit von genossenschaftlichen Revisionsverbänden unabhängig und zählt Personen aus dem akademischen, unternehmerischen, freiberuflichen und genossenschaftlichen Bereich zu ihren Mitgliedern.

In der Satzung von SOPHIA und in dem Tätigkeitsprogramm für die ersten Geschäftsjahre haben sich die derzeit fast dreißig Mitglieder vor allem vorbereitende Studien und angewandte Forschungstätigkeit zu neuen Genossenschaftsmodellen vorgenommen. Aber auch konkrete Gründungsberatung und Starthilfe bei innovativen Unternehmen gehören zum Tätigkeitprogramm.

Ein wissenschaftlicher Beirat berät die Geschäftsführung bei der Suche nach neuen Ansätzen für das Südtiroler Genossenschaftswesen. Dazu gehören Modelle, die im Ausland bereits erfolgreich wirken, wie die „echten“ Wohnungsgenossenschaften, denen Südtirol mit dem landesüblichen genossenschaftlichen Hausbau nur eine kostengünstige, kurzlebige Vorstufe zum Kondominium entgegenhalten kann. Oder die deutschen Seniorengenossenschaften, die den selbstbestimmten Lebensabschnitt nach dem Rentenalter zu einer aktiven Bereicherung für die Gesellschaft werden lassen, während Südtirol erst zaghafte Ansätze mit den Zeitbanken aufweist.

Aber auch aus dem strukturschwachen Italien könnte Südtirol innovative Ansätze zu genossenschaftlichen Initiativen übernehmen und der eigenen Bedarfslage anpassen: die „cooperative di comunità“ sind eine Form der Selbsthilfe, mit der engagierte Bürger dem Rückzug der öffentlichen Hand oder dem Fehlen von Diensten und Strukturen begegnen können.
Unser Autor Dr. Ocar Kiesswetter war  als langjähriger Vorstand des Südtiroler Genossenschaftsverband Legacoopbund und ist eine herausragender Kenner der genossenschaftlichen Szene.

Legacoopbund. Hierzu noch ein ergänzender Beitrag vom 22/12/2017 – Tauschsysteme, wie Zeitbanken, erfreuen sich in vielen Ländern der Welt immer größerer Beliebtheit. Die Zeit wird als eine Art Währung betrachtet. Man schenkt Zeit für andere, erledigt bestimmte Aufgaben für sie, und bekommt dafür ein Guthaben an Zeit, den man zu einem späteren Zeitpunkt einlösen kann. In Südtirol ist dieses Phänomen noch relativ jung. Obgleich es einige Schwachstellen aufweist, wie zum Beispiel die Versicherung der eingebrachten Zeit oder die mangelnde Vernetzung der bestehenden Initiativen, birgt dieses System auch hierzulande große Potentiale.

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Sozialwirtschaftliche Potenziale der Zeitbanken in Südtirol“ wurden heute (22. Dezember 2017) vom Südtiroler Genossenschaftsverband Legacoopbund im neuen Coworking-Space HUBZ in Bozen vorgestellt. Die Studie der Genossenschaft für Forschung und soziale Innovation „Sophia“, welche von der Stiftung Südtiroler Sparkasse gefördert und von Legacoopbund im Auftrag gegeben wurde, erfasst Stärken, Schwächen und Potenziale der in Südtirol tätigen Zeitbanken. Dabei zeigt das Forschungsprojekt auch mögliche Zukunftsszenarien und Entwicklungspotenziale auf.

„In Südtirol gibt es rund 15 Zeitbanken, die auf Vereinsebene organisiert sind. Sie sind unabhängig voneinander entstanden und oft nur im jeweiligen Gemeindegebiet tätig“, erklärt der Vorsitzende von Legacoopbund Heini Grandi: „Ziel des Forschungsprojekts ist es, neue Möglichkeiten aufzuzeigen, wie diese Zeitbanken sich in Zukunft weiterentwickeln könnten. Durch die Zusammenarbeit und Fortentwicklung dieser Organisationen könnten neue Dynamiken zugunsten der gesamten Gemeinschaft entstehen“.

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