Genossenschaftliche Selbstorganisation oder Betriebsschließung

Zell/Mosel  10.03.2019. Gegen die geplante Schließung, die für die betroffene strukturschwache Region eine Katastrophe ist, wurde heute vor Ort in Zell demonstriert. Deutlich mehr als 500 Demonstranten bildeten eine eindrucksvolle Kulisse vor dem idyllisch gelegenen Krankenhaus.

Es geht nicht nur um Arbeitsplätze, sondern auch um die medizinische  Versorgung einer ganzen Region, aber auch um ein Stück Lebensqualität. Zum Einzugsgebiet des Klinikum Mittelmosel zählen auch Teile der Eifel und des Hunsrück.

Gibt es eine Lösung für das Mittelmosel Krankenhaus?
igenos, die bundesweit tätige Interessenvertretung der Genossenschaftsmitglieder und Mitinitiator der coopgo Bewegung schlägt vor, das Zeller Krankenhaus als Genossenschaft weiterzuführen und nicht in eine, wie inoffiziell verlautet wurde, deutlich profitablere  Seniorenpflegeanstalt umzubauen. „Es kann nicht sein, dass unser Krankenhaus von einer Heuschrecke ausgeschlachtet wird,“ so ein Insider. 

Gerade die Rechtsform Genossenschaft eignet sich für komplexe Finanzierungskonzepte, wobei Genossenschaften keine sozialistischen Experimente sind. Im Gegenteil, in jeder Wirtschafts-Genossenschaft sollte die Förderung der Mitglieder durch den gemeinsamen Geschäftsbetrieb im Vordergrund stehen. Wie diese Mitgliederförderung funktionieren soll, beschreibt igenos in einer Reihe von Fachveröffentlichungen.

Den Genonachrichten liegt eine Meldung vor, nachdem das coopgo Grobkonzept für eine genossenschaftliche Sanierung  und ein Satzungsentwurf  am Montag, den 11.03 an die Krankenhausleitung übergeben wird. 

So funktioniert Genossenschaft
Die Genossenschaftssatzung ist das Grundgesetz jeder Genossenschaft und sollte unbedingt mit den Mitgliedern gemeinsam entwickelt werden.
Mustersatzungen, die von den Genossenschaftsverbänden vorgegeben werden, dienen häufig nur dazu, den Einfluss der etablierten Genossenschaftsverbände auf die Genossenschaft zu manifestieren. In einer Genossenschaftssatzung muss z.B. nicht verankert sein, welcher Prüfungsverband die Genossenschaft prüfen darf.

Die CoopGo Bewegung
versteht sich nicht als Wettbewerber,  sondern als direkter Nachfolger der Raiffeisen-Organisation. CoopGo setzt vor allem auf absolute Transparenz, echte genossenschaftliche Mitbestimmung und Vergütungssolidarität. Ein wichtiger CoopGo-Arbeits- und Prüfungsschwerpunkt ist die Dokumentation der Mitgliederförderung.
 
Genossenschaft funktioniert von der Idee her immer nur von unten – die Mitglieder sagen, um was es geht und der Vorstand arbeitet für die Mitglieder und nicht für Verbände mit Sitz in Frankfurt oder Berlin.
 
igenos Vorstand Gerald Wiegner ist selbst von der diskutierten Krankenhausschließung betroffen, denn die igenos Bundesgeschäftsstelle liegt in Bullay. igenos liefert darum über den mmw-Bundesverband  der Kooperationswirtschaft nicht nur einen Satzungsentwurf, sondern  auch ein eigenes genossenschaftliches Finanzierungskonzept

Unsere Chance: Selbstorganisation.

Die im Einzugsgebiet des Klinikum Mittelmosel liegenden 4 Genossenschaftsbanken verfügen über versteuerte „stille Reserven“ . Es handelt sich um knapp 200 Millionen € versteuertes Mitgliedervermögen.  
Diese „Fonds für allgemeine Bankrisiken“ wurden in der Vergangenheit ohne vorherige Genehmigung durch die Generalversammlung gebildet und laut igenos  „vor den Mitgliedern  versteckt“. Per 31.12.2017 handelt es sich um knapp 178 Millionen €(*). Hochgerechnet sind das 2019 ca. 200 Mio € Mitliedervermögen!

Diese zum Genossenschaftsvermögen zählenden Fonds (*) können auf Anforderung des Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR)  jederzeit abgerufen werden. Im Falle einer internationalen Bankenkrise versackt auch das Mitgliedervermögen der Moselaner auf Nimmerwiedersehen im undurchsichtigen genossenschaftlichen Verbandssystem.  Zu den größten allgemeinen Bankrisiken der kleinen Moselbanken zählen sicherlich die undurchsichtigen Derivate Geschäfte der DZ-Bank. 

Genossenschaft geht anders
. Die Mitglieder der betroffenen Genossenschaften können jederzeit in einer Generalversammlung über eine teilweise Auflösung dieser Fonds entscheiden und die freiwerden Mittel in ihre Krankenhausgenossenschaft investieren.

Eine weitere Lösung wäre z.B. der Verkauf des Bankgeschäfts an die Volksbank Rhein-Ahr-Eifel eG und die Umwandlung einer ehemaligen Bankgenossenschaft in eine Bürgergenossenschaft durch eine von den Mitgliedern beschlossene Satzungsänderung. 

Auch hierfür liegen auf der igenos Homepage entsprechende Entwürfe vor. Die anstehende Fusion der Volksbank-Koblenz mit der Volksbank Rhein Ahr Eifel eG  wurde von igenos ebenfalls analysiert und zum kostenfreien Download angeboten. Hier wird deutlich,  dass die Zukunft der kleinen und mittleren Genossenschaftsbanken sehr düster aussieht. 

Autor: Gerald Wiegner Bullay Vorstand igenos e.V. gw@igenos.de
(*)Volksbank Rhein-Nahe-Hunsrück eG                         
Fonds für allgemeine Bankrisiken 82.800.000 €
Volksbank Hunsrück-Nahe eG
Fonds für allgemeine Bankrisiken 58.600.000 €
Vereinigte Volks-Raiffeisenbank eG     
Fonds für allgemeine Bankrisiken      25.500.000 €
Raiffeisenbank Zeller Land eG
Fonds für allgemeine Bankrisiken     11.000.000 €

Literaturempfehlung in eigener Sache:
Mogelpackung Volks-und Raiffeisenbank  U-D-G Verlag, Bullay
Die Geno-Rente U-D-G Verlag, Bullay

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2 Kommentare.

  • Die Entscheidung ob und wie das Mittelmosel Krankenhaus weitergeführt werden soll liegt bei den direkt Betroffenen.
    Der Gesetzgeber unterscheidet u.a. zwischen Wirtschaftsgenossenschaften – “der Dienst am Mitglied steht im Vordergrund” oder Sozialgenossenschaften, bei denen “der Dienst am Menschen” (Ringle a.a.O) im Vordergrund steht.

  • Kommentar über E-Mail.
    Soll das Krankenhaus jetzt als Sozialgenossenschaft weitergeführt werden? Wie soll sich das denn wirtschaftlich darstellen?

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