Berliner Mietendeckel

Berliner Mietendeckel – sind Wohnungsgenossenschaften betroffen?

update++++ Die anhaltende Diskussion um den Berliner Mietendeckel hat Nebenwirkung. Viele Wohnungsgenossen hinterfragen die Entscheidungsfindung in ihrer Genossenschaft. Die Vorstände sprechen die Sprache ihrer Genossenschaftsverbände. Die Mitglieder stehen außen vor.

Die Anzeigenkampagne gegen den Berliner Mietendeckel hat inzwischen ein Nachspiel. igenos, die Interessenvertretung der Genossenschaftsmitglieder führt eine bundesweite Erhebung zum Thema Mitgliedsbeiträge und Prüfungsgebühren durch. Mit den Einnahmen aus der „Zwangsmitgliedschaft in einem Genossenschaftsverband“ werden
nun für eine Solidaritätskundgebung mit der Eigentümervereinigung der Wohnungswirtschaft finanziert.

Berlin, 5.Oktober 2019/ Die GenoNachrichten haben in der Vergangenheit über den in Berlin diskutierten Mietendeckel berichtet und auch deutlich gemacht, dass ein signifikanter Unterschied zwischen den Begriffen Miete und der Nutzungsgebühr einer Genossenschaftswohnung besteht.
Die nachstehende Erklärung des Berliner Senats übt deutliche Kritik an den Lobbyverbänden. Die überregionale Anzeigenkampagne gegen den Berliner Mietendeckel erfolgte ohne Rücksprache mit den betroffenen Mitgliedern. Die Kosten für die Anzeigenkampagne gegen den Mietendeckel werden letztendlich über eine Umlage von den Genossenschaftsmitgliedern finanziert. Dies ist besonders ärgerlich und zeigt wie es um es um es um Demokratie und Mitbestimmung wirklich steht. Genossenschaften befinden sich im Gemeinschaftseigentum, dass vom Vorstand im Sinne der Mitglieder verwaltet werden soll.
Wurden hier die Genossenschaftsvorstände von ihren Verbänden instrumentalisiert? Sind die angekündigte Erhöhungen der Nutzungsgebühr mit dem genossenschaftlichen Förderauftrag zu vereinbaren?

Der Berliner Senat, getragen von SPD, Grünen und LINKEN, hat am 18. Juni gemeinsam einen Eckpunktebeschluss gefasst, der im Amtsblatt veröffentlicht wurde. Er sieht das Einfrieren der Mieten genauso vor wie Mietobergrenzen und die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen abzusenken. Daraufhin haben übrigens einige Wohnungskonzerne und Genossenschaften nichts Besseres zu tun gehabt, als umgehend Mieterhöhungen zu verschicken. Auf Basis des Eckpunktebeschlusses hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen einen Gesetzentwurf erarbeitet. Bisher sagen alle uns vorliegenden Einschätzungen, dass sowohl Absenkungen als auch Obergrenzen zulässig sind. Das Mietendeckelgesetz möglichst rechtssicher zu gestalten ist richtig. Daran arbeiten wir. Die Rechtssicherheit aus dem Senat selbst heraus permanent in Frage zu stellen, ist dabei übrigens nicht hilfreich. Auch die Umsetzbarkeit durch die Verwaltung ist ein Thema, an dem wir derzeit intensiv arbeiten. Wir wollen aber nicht, dass am Ende diejenigen belohnt werden, die die Mieten vor Inkrafttreten des Gesetzes schnell noch mal erhöhen oder schon erhöht haben. Wir wollen außerdem nicht, dass diejenigen belohnt werden, die in den vergangenen Jahren bis an den Rand des rechtlich Zulässigen oder sogar darüber hinaus zugelangt, und erst recht nicht diejenigen bestrafen, die sich bisher aus sozialer Verantwortung bei Mieterhöhungen zurückgehalten haben. Wir finden nicht, dass ein bisschen Symbolpolitik genügt. Wir werden auch niemand auf zu hohen Mieten sitzen lassen, weil Absenkungen durchzusetzen anstrengend ist oder ordentlich Gegenwind der Lobbyverbände erfährt. Mietsenkungen komplett auszuschließen bricht die gemeinsame Verabredung zu Ziel und Verfahren und gefährdet die selbst gesteckten Ziele inklusive der Stichtagsregelung. Ich finde nicht, dass dieses Risiko verantwortbar ist. Wir haben den Mieterinnen und Mietern als rot-rot-grüne Koalition angekündigt, dem Irrsinn der Mietenexplosion in Berlin wirksam etwas entgegenzusetzen. Daran wird man uns messen und das muss jetzt das Ziel unser aller Anstrengungen sein.“
(C) Klaus Lenderer
, Senator für Kultur und Europa

igenos, die Interessenvertretung der Genossenschaftsmitglieder und die CoopGo Initiative empfehlen den Wohnungsgenossenschaften auch über einen Verbandswechsel nachzudenken. Nur mit einem Austritt aus den GdW Verbänden ( Gesamtverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen) läßt sich ein deutliches Zeichen setzen. Die Regionalverbände finanzieren sich ausschliesslich durch die Prüfungsgebühren und Mitgliedsbeiträge, was bedeutet diese Kosten werden per Umlage von den Genossenschaftsmitgliedern getragen. Ein Verbandswechsel setzt ggf. eine Satzungsänderung voraus, denn es kann vorkommen, das der Prüfungsverband in der Satzung vorgegeben ist. Es macht grundsätzlich Sinn, die vom GdW vorgegebenen Mustersatzungen zu überarbeiten, denn diese sind mit Vorsicht zu genießen. Verbandssatzungen sind häufig daraus ausgerichtet, die Mitbestimmungsrechte der Genossenschaftsmitglieder zu dezimieren. In Deutschland herrscht Satzungsfreiheit, d.h. jede Genossenschaft kann ihre Satzung selbst festlegen.

Der GdW vertritt als – und Lobbyverband der Wohnungswirtschaft die Interessen der am Kapitalmarkt orientierten Wohnungsgesellschaften, somit können die GdW Regionalverbände nicht auch gleichzeitig die Interessen der Wohnungsgenossenschaften vertreten.
Die Wohnungsgenossen sind Miteigentümer und haben deutlich andere Interessen als am Profit orientierte Wohnungsgesellschaften. Ein klassisches Beispiel dafür ist die Diskussion um den sogenannten Mietenspiegel. Wohnungsgenossenschaften tragen dazu bei das Mietpreisniveau abzusenken.
Genau diese Entwicklung widerspricht den Interessen von Deutsche Wohnen & Co.

Nebenbei bemerkt. Die Tatsache, dass Wohnungsgenossenschaften für ihre Mitglieder bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen, bedeutet aber noch lange nicht, dass Wohnungsgenossenschaft automatisch am Gemeinwohl orientierte Unternehmen sind. Genossenschaften haben den Auftrag ihrer Mitglieder zu fördern. Das gilt auch für Wohnungsgenossenschaften.

Die anhaltende Diskussion um den Berliner Mietendeckel hat auch einen positiven Nebenwirkung. Viele Wohnungsgenossen hinterfragen die Werbekampagne ihres Genossenschaftsverbands und die Entscheidungsfindung in ihrer Genossenschaft.
Die Anzeigenkampagne gegen den Berliner Mietendeckel hat inzwischen ein Nachspiel. igenos, die Interessenvertretung der Genossenschaftsmitglieder führt eine bundesweite Erhebung zum Thema Kosten der Zwangsmitgliedschaft in einem Genossenschafts verband durch.

Die bundesweite Erhebung stellt die Mitgliedsbeiträge der einzelnen Verbände und die Anzahl der Wohneinheiten / Wohnungsgenossen gegenüber. gleichzeitig werden auch die Prüfungsgebühren erfasst.

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