Greifswald Ackerlandvergabe nach gemeinwohlorientierten Kriterien

Greifswald, 24. Februar 2020 (geno). Das Stadtparlament der Universitätsstadt Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern hat mit 24 zu 16 Stimmen entschieden, künftig das in ihrem Eigentum befindliche Ackerland und andere landwirtschaftliche Flächen nach gemeinwohlorientierten Kriterien zu verpachten. So soll die Bewirtschaftung der 4.700 Hektar in Kommunalbesitz befindlichen Liegenschaften auch die Biodiversität stärken und die Qualität der oft von Großagrariern ausgelaugten Böden verbessern. Zu der bahnbrechenden Entscheidung hat maßgeblich das Aktionsbündnis „Unser Land schafft Wandel“ beigetragen. Zu den Mitinitiatoren gehören Karin Vorländer vom Institut für Welternährung und Björn Pasemann. Sie nennen diesen Weg umweltgerecht und enkeltauglich. Sie haben sich bei ihren Bemühungen auf den städtischen Grund und Boden konzentriert, weil es sich dabei am offensichtlichsten um das Land der Bürger handelt. Dennoch halten sie es auch für notwendig, dass eine solche fundamentale Neuausrichtung auch auf den umfangreichen landwirtschaftlichen Besitz der Universität Greifswald, der Kirchen und der Bundesländer ausgeweitet wird. Allein die Agrarfläche des Landes Brandenburg betrage rund 30.000 Hektar.

Welche potentiellen Nutzer für solche Flächen in Frage kommen, erläutert die Organisation „Slow Food Deutschland“ – beispielsweise anhand der Allmende Wulfsdorf im norddeutschen Ahrensburg. Bei ihr handelt es sich um ein selbstverwaltetes Dorfprojekt mit mehr als 100 Wohnungen. Teil dessen ist ein Gut und ein biodynamischer Betriebe. Er beheimatet 60 Milchkühe, eine eigene Fleischerei, eine Bäckerei und einen Vertrieb, der 2.000 Gemüsekisten ausliefert. Dort werden alte Sorten und konventionelles Saatgut entwickelt und angebaut. Durch Selektion wird das beste geschmackliche und ernährungsphysiologische Saatgutsortiment hervorgebracht. Die dort tätige Gärtnerin und Saatgutzüchterin Christina Henatsch weist darauf hin, dass im Handel mehr als 90 Prozent der angebotenen Bioprodukte nicht samenfeste, sogar auf Genmanipulation beruhende Hybride sind. Wer zukunftsfähig handeln wolle, müsse sich mit Saatgut befassen und es wertschätzen. Saatgutfreiheit bedeute Ernährungssouveränität.

„Momentan sind wir im globalen Norden nicht ernährungssouverän. Es herrscht nur eine scheinbare Fülle an Vielfalt und Lebensmitteln in den Supermarktregalen. Zugleich liegt das Saatgut – und damit die Souveränität über die Lebensmittel – weitgehend bei den multinationalen Konzernen“, meint Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland. ++ (gw/mgn/24.02.20 – 031)

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