Bakunin-Verein erhielt Erich-Mühsam-Literaturpreis

Berlin/Lübeck/Meiningen, 29. Oktober 2019 (geno). Dem im südthüringischen Meiningen ansässigen Wanderverein Bakunin-Hütte wurde am Wochenende in Berlin der Erich-Mühsam-Literaturpreis verliehen. Der Bakunin Verein reaktiviert seit Jahren ein historisch einmaliges Terrain, auf dem sich seit 1920 Anhänger der anarchistisch-genossenschaftlichen Bewegung trafen und eine stattliche Schutzhütte errichteten. Sie wurde 1926 fertiggestellt und nach dem führenden russischen Anarchisten Michael Bakunin benannt. Das zwischen der bekannten Musik- und Theaterstadt Meiningen und der ehemaligen Kaiserpfalz Rohr gelegene Refugium wurde seinerzeit zu einem beliebten Ausflugs- und Aufenthaltsort nicht nur der Mitglieder des damaligen Siedlungsvereins Gegenseitige Hilfe. Der Dichter und Schriftsteller Erich Mühsam, der von den Nazis später im KZ Sachsenhausen bei Oranienburg umgebracht wurde, gehörte zu den regelmäßigen Gästen des Ortes.

Laudator der Preisträger war Meiningens Kreisdenkmalpfleger Axel Wirth. Nach seinen Worten folgte Mühsam mit seinen Besuchen einer Reihe namhafter Literaten in die ehemalige Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Meiningen. Zu ihnen gehörte der Dichter der „Lindenwirtin“ und des Liedes „Hoch auf dem gelben Wagen“, Rudolf Baumbach. Zehn Jahre zuvor hatte der Märchen- und Sagensammler Ludwig Bechstein seinen Lebensmittelpunkt in Meiningen. Wiederum drei Jahrzehnte vorher weilte Jean Paul dort und Friedrich Schiller fand als Deserteur der württembergischen Armee 1782/83 Asyl. „Der durch die Bakuninhütte repräsentierte anarchistische Tupfer in Meiningens Stadt- und Thüringens Landesgeschichte war Ende des 20. Jahrhunderts im öffentlichen Bewusstsein kaum oder gar nicht vorhanden.“ Um das Bauwerk wieder zu beleben, entstand 2003 der „Kreis der Wander- und Naturfreunde“, der zwei Jahre später das Gelände mit der Bakuninhütte erwarb. Seit 2006 heißt die engagierte Gruppe „Wanderverein Bakuninhütte“, der mit der in Lübeck ansässigen Erich-Mühsam-Gesellschaft, den Meininger Museen und der Stadt Meiningen eine Kooperation beschloss. Seit 2015 ist die Bakuninhütte ein Kulturdenkmal, das noch viele unbekannte heimatgeschichtliche Wissensschätze und Sachdokumente birgt. Inzwischen gibt es konkrete Forschungsprojekte. Die Akteure des Wandervereins Bakuninhütte sind die ausschlaggebende Triebfeder – wissenschaftlich, handwerklich und äußerst gastfreundlich, urteilt Wirth.

Michail Bakunin (1814 – 1876) selbst war nicht in Meiningen. Er hat an Revolutionen und Bürgeraufständen 1848/49 in diversen europäischen Ländern teilgenommen. In der Internationalen Arbeiterassoziation war Bakunin die Hauptfigur der Antiautoritären und mit Generalratsmitglied Karl Marx im Konflikt. Das führte zur Spaltung der Internationale und gleichzeitig zur Trennung der anarchistischen von der kommunistischen Bewegung sowie der Sozialdemokratie. Der Anarchismus mit seinen kooperativen Grundgedanken ist bis heute ein weitgehend unerschlossenes Gebiet der Politik- und Gesellschaftswissenschaft geblieben. Für das politisch linke Spektrum  war Kooperation  immer ein Fremdwort. Grob vereinfacht wollten die Anarchisten wenig Staat während die Kommunisten / Sozialisten auf einen starken Staat setzten.

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Vor dem Hintergrund des sich anbahnenden kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftpolitischen Wandels ist aber auch das nachstehende Zitat aus der Rede von Michail Bakunin vor dem Berner Kongress der Friedensliga 1868 passend : “Gerade weil die Republik in demokratische Formen gehüllt ist, garantiert sie der raubgierigen und reichen Minderheit in viel stärkerem Maße eine ruhige und sichere Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung.”
Diese treffende Umschreibung der neoliberalen Wirtschaftspolitik spricht für sich.



++ (em/mgn/29.10.19 – 185)

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