Genossenschaftsvordenker Robert Owen trat vor 219 Jahren „Regierung“ an

Hamburg/London, 8. Januar 2019 (geno).  Den Sozialreformer, Utopisten und Genossenschaftsvordenker des Industriezeitalters Robert Owen würdigt das Hamburger Monatsmagazin „brand eins“ in seiner ersten Ausgabe des neuen Jahres.

Der Autorin Susanne Schäfer gelingt eine eindrucksvolle Schilderung und das Kunststück, die Begriffe „Genossenschaft“ oder „Kooperative“ nicht ein einziges Mal zu verwenden. In experimentellen Siedlungen probierte der Unternehmer Robert Owen seine Ideen von der idealen Gesellschaft aus. So übernimmt der walisische Frühsozialist eine große Baumwollspinnerei im schottischen New Lanark, nicht als Firmenmanager, sondern um auf dem Lande eine Musterkolonie aufzubauen. Owen selbst nennt das einen autarken Reformstaat und schreibt weiter: „Am 1. Januar 1800 trat ich die Regierung von Lanark an. Ich sage Regierung. Denn es war nicht meine Absicht, Leiter einer Baumwollfabrik in der damals üblichen Weise zu sein, sondern die Lebensbedingungen der ganzen Bevölkerung zu ändern, die ich von Umständen umgeben sah, die ihren Charakter schädlich beeinflussten.“

Wie diese Bedingungen der industriellen Revolution  tatsächlich waren, vermittelt das Magazin: „Arbeiter schufteten in gigantischen Fabriken bis zu 14 Stunden am Tag, auch Kinder. Mit großer Härte hielten die Vorsteher die Disziplin der Arbeiter aufrecht. Kinder wurden geschlagen, Erwachsene mit Lohnabzug bestraft oder öffentlich gedemütigt. In ihren Unterkünften lebten die Menschen teils unter katastrophalen hygienischen Bedingungen, wodurch es vielen gesundheitlich schlecht ging.“ Damit verglichen sei das, was Owen in New Lanark schuf, ein Paradies gewesen. Kinder hätten weniger gearbeitet und seien zur Schule gegangen. In den Unterkünften habe es sauberes Wasser gegeben, in einem Laden war der günstige Kauf von Lebensmitteln möglich und die Arbeiter hätten eine Art soziale Grundsicherung bekommen. Außerdem habe Owen ein „Institut zur Charakterbildung“ eingerichtet, in dem es eine Bibliothek und einen Veranstaltungsraum gab.

In Reden sprach Owen von einem Zustand der allgemeinen Harmonie und von einem Umfeld, das brüderliche Liebe und Zusammenhalt beflügeln sollte. Er wollte die Vision verwirklichen mit einem Netzwerk von Gemeinschaften, die irgendwann eine Regierung ersetzen solten. Tatsächlich sei er gescheitert, als er in Amerika seine Utopien umsetzte. 1824 gründete er in Indiana die Siedlung New Harmony, deren Leitung er seinem Sohn übertrug, während er an anderen Orten weitere Siedlungen etablierte. Nach Ansicht des Politologen und Utopieforschers Andreas Heyer ist das Genossenschaftsprinzip das Element, was den utopischen Frühsozialismus überdauert hat. Genossenschaftliches und solidarisches Denken hätten sich bewährt, dass sich Menschen in einer eigentlich feindlichen Umwelt behaupten können. ++ (ut/mgn/08.01.19 – 005)

www.genonachrichten.de, e-mail: mg@genonachrichten.de, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27