Österreich schafft mit (GenSpaltG) Gegenpol zu Genossenschaftsfusionen

Wien, 15. Oktober 2018 (geno).  Der seit langem, de facto seit 1996 in Österreich ins Auge gefasste Plan eines Genossenschaftsspaltungsgesetzes (GenSpaltG) nimmt plötzlich Fahrt auf und meistert in diesen Tagen die letzten parlamentarischen Hürden. In der vorigen Woche war dies der Bundesrat. Ab 2019 soll das Gesetz in Kraft gesetzt sein.

Der vom Österreichischen Genossenschaftsverband (ÖGV) eingereichte Vorschlag kam im Mai dieses Jahres in den Nationalrat. Bis Ende Mai lief die Frist zur Begutachtung. Anfang Juni wurde das Papier an das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz zur Weiterbearbeitung übermittelt. Von dort erreichte es am 4. Juli 2018 das österreichische Kabinett. Tags zuvor hatte Josef Moser aus dem Justizministerium dazu in einem Vortrag ausgeführt: „Nunmehr erhalten auch die rund 1.700 österreichischen Genossenschaften, denen bisher nur die Umgründungsform der Verschmelzung zur Verfügung stand, diese zusätzliche Gestaltungsmöglichkeit.“

Damit wird aus der bisherigen rechtlichen Einbahnstraße eine gleichberechtigte Trasse mit Gegenverkehr, deren Nutzungsintensität mit Spannung erwartet wird. Die Schaffung dieses juristischen Gegenpols zur genossenschaftlichen Unternehmens-Verschmelzung ist auch Teil des Regierungsprogramms unter Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Im Ausland – insbesondere in Deutschland – dürfte nicht nur das beachtliche Tempo des Gesetzgebungsverfahrens Aufmerksamkeit erregen. Auch die grundlegende Tendenz des neuen Gesetzes, den Rückwärtsgang zur Fusion einlegen und große, intransparent gewordene Kooperativen wieder in überschaubare, besser handhabbare Einheiten zerbrechen zu können, erweitert den genossenschaftlichen Entfaltungsspielraum enorm. igenos e.V.
die Interessengemeinschaft der Genossenschaftsmitglieder sieht auch in Deutschland großen Handlungsbedarf. 

Wie der ÖGV-Ombudsmann Josef Mösenbacher in der jüngsten Ausgabe der Verbandszeitschrift „cooperativ“ schreibt, orientiert sich die Machart des Gesetzes an dem bereits seit 1993 existenten Spaltungsgesetz (SpaltG), das für Kapitalgesellschaften anderer Rechtsformen gültig ist. Ziel des GenSpaltG sei es, Genossenschaften die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Vermögen oder einzelne Vermögenswerte im Wege der Gesamtsrechtsnachfolge auf eine oder mehrere neue oder bereits bestehende Genossenschaften zu übertragen.

Desweiteren soll es möglich sein, Teile des genossenschaftlichen Vermögens abzuspalten und auf eine bestehende Tochtergesellschaft zu übertragen. Geregelt werden unter anderem die Kapitalerhaltung, der Spaltungsplan und die Pflicht zum Schadenersatz. Vor der entscheidenden Generalversammlung hat ein Revisor ein Gutachten zu erstellen und darin nachzuweisen, dass die Spaltung mit den Belangen der Mitglieder und der Gläubiger der an der Spaltung beteiligten Genossenschaften vereinbar ist. ++ (at/mgn/15.10.18 – 204)

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