Wahlkampf verführt zum Instrumentalisieren der Genossenschaftsidee

Leipzig, 4. September 2017 (geno). Genossenschaften und deren Grundideen avancieren im laufenden Bundestagswahlkampf zu einem beliebten Thema. Insbesondere die Genossen von der Sozialdemokratischen Partei (SPD) bedienen sich dessen vorzugsweise. Einen erneuten Beweis lieferte am Montagabend in Leipzig die SPD-Spitzenkandidatin Daniela Kolbe für Sachsen. Die junge Politikerin, die auch Generalsekretärin ihrer Partei im Freistaat ist,  bezog sich ausführlich auf die segensreiche Tätigkeit der Wohnungsgenossenschaften. Sie sorgten in der Wohnungspolitik für positive Sozialimpulse und bei den Wohnungsentgelten für Dämpfungseffekte. „Genossenschaften sind sehr gute Partner, die Senioren nicht vertreiben und gute Wohn- und Lebensbedingungen bieten“, sagte sie im Zusammenhang mit Altersarmut und dem Verdrängen prekär lebender, älterer Menschen aus städtischen Zentren durch steigende Mieten. Dabei wurde festgestellt, dass sich ein Senior mit einer Rente von 1.000 Euro keine Wohnung im Stadtinnern leisten kann, wenn er dafür beispielsweise 700 Euro monatlich bezahlen müsste.

Ob die Hinwendung zu Genossenschaften wesentlicher Bestandteil der persönlichen politischen Überzeugung von Kolbe ist oder von ihr nur als wohlklingende Verbalnote vorgebracht wurde, ließ sich bei ihren Äußerungen nicht auseinanderhalten. Ein Blick in das 116seitige SPD-Programm  zur Bundestagswahl verrät allerdings, dass die Genossenschaftsidee nur schwach, geradezu rudimentär verankert ist. Das unter dem Titel „Zeit für mehr Gerechtigkeit“ stehende Dokument der Partei, deren Mitglieder sich gegenseitig mit „Genosse“ ansprechen, verwendet den Begriff Genossenschaft nur in einem Satz. Er lautet: „Kommunale und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen, Baugruppen, privater Investoren und Vermieterinnen und Vermieter, die sich für den sozialen Zusammenhalt im Quartier engagieren und dauerhaft bezahlbaren Wohnraum schaffen, werden wir unterstützen und fördern.“ Sprühende Leidenschaft für die genossenschaftlichen Prinzipien Selbsthilfe, Selbverwaltung und Selbstverantwortung ist aus dieser Formulierung nicht ablesbar. Zu befürchten ist, dass angesichts des lauwarmen Umgangs der Sozialdemokraten mit dem Genossenschaftssektor in der jüngeren Vergangenheit, die Genossenschaftsidee im Wahlkampf eher instrumentalisiert wird. Sei’s drum, Hauptsache sie wird erst einmal ins Gespräch gebracht. ++ (pl/mgn/04.09.17 – 177)

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