Transformation zu Genossenschaften verhindert

Berlin, 23. November 2018 (geno). Die Transformation großer Teile der DDR-Volkswirtschaft in Genossenschaften wurde Anfang der 90er Jahre maßgeblich von der politischen Führung unter dem Einfluss der von Großkonzernen beherrschten bundesdeutschen Wirtschaft hintertrieben.  Das haben jüngste Recherchen in ostdeutschen Archiven ergeben. Obwohl der Zentrale Runde Tisch der DDR-Bürgerrechtler und die Modrow-Regierung entsprechende Entscheidungen getroffen hatten, ignorierte die von Lothar de Maiziere geführte letzte DDR-Regierung den  erklärten Volkswillen.

Bei den DDR-Bürgern war die Bildung von Genossenschaften sehr populär und wurde als realistische Chance für eine positive wirtschaftliche und soziale Zukunft betrachtet. „Dazu müssten sie sich genossenschaftlich organisieren und über einen gewählten Vorstand ihre Interessen durchsetzen sowie die Durchsetzung kontrollieren,“ schrieb beispielsweise der Ostberliner Gert Plewe an den Minister Wolfgang Ullmann am 16. Februar1990. Plewes Plädoyer für  kooperatives Wirtschaften und aktive Selbsthilfe bezog sich insbesondere auf die Bewirtschaftung von Wohnungen und die Gestaltung des Lebensumfeldes.

Auch Experten aus dem Ausland ermunterten die ostdeutschen Politiker zu genossenschaftlichem Aufbau der Wirtschaft. So riet Albert Meyer von der deutsch-spanischen Unternehmensberatung management + future sa für den Bereich Landwirtschaft: „Das Land wird durch die Bauern nach eigenem Ermessen und auf eigene Rechnung bebaut. Großmaschinen werden entweder in einer Genossenschaft gehalten oder werden durch ein wiederum unabhängiges Unternehmen an die Bauern verliehen.“ ++ (dd/mgn/23.11.18 – 227)

www.genonachrichten.de, e-mail: mg@genonachrichten.de, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27

Ringvorlesung zur Transformation ostdeutscher Genossenschaften

 

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1 Kommentar.

  • Gerd K. Schaumann
    27. November 2018 10:49

    Solche Gedanken sind niemals vergeblich. Es kommt jetzt vor allem darauf an, den Menschen im Lande diese Informationen endlich zugänglich zu machen. Aber auch dabei sollte man nicht nach „hinten“ schauen und sich in „Schuldvorwürfen“ aufzuhalten. Die wichtigste Botschaft – soweit bereits zu erkennen – dass es als durchaus möglich einzustufen war (und ist !), Genossenschaft und Kooperation auch für größere Wirtschaftseinheiten denkbar zu haben. Die Diskussion kommt zu rechten Zeit, denn jetzt benötigen wir neue/alte BILDER, die zeigen, dass und wie ein kooperativer Wandel unserer Gesellschaft möglich wird. Eine Zahl mag genügen, um zu zeigen, vor welcher „Herkulesarbeit“ ein kooperativer Wirtschaftssektor steht: Nur 0,2 % (!) aller Wirtschaftsunternehmen sind als Genossenschaften tätig. Es wird Zeit, dass über solche Fragen offen diskutiert wird. Die Menschen wollen nicht länger im „Gegeneinander“ leben und wirken, sondern im „Miteinander“, wie Studien mit großer Mehrheit zeigen. Hätten die Parteien wirklich den Mut, über ihre „Schattchen“ zu springen und eine öffentliche Diskussion über „Kooperation vs. Konkurrenz“ entstehen zu lassen? Wie wäre es dann z.B. mit einem Genossenschafts- und/oder Kooperations-Parlament, damit offen und transparent Meinungsbildung sich entfalten kann.? Die damals geschaffen „Runden Tische“ waren und wären ideal; warum sie nicht erneut ins Leben rufen?! Vielleicht könnten sie heute Symbole für Aufbruch und Selbstorganisation sein. ….

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