Selbstverwaltung ist Evergreen – Genossenschaft „Witwen von Krusha“ traurig berühmt

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Belgrad/Pristina, 23. September 2019 (geno). Bittersüß ist die am Wochenende erneut vom ARD-Weltspiegel über den Sender Phoenix verbreitete Nachricht von einer Landfrauen-Genossenschaft im Kosovo. Die Kooperative heißt „Witwen von Krusha“ und befindet sich seit 1999 auf einer traurig berühmten Erfolgsspur, um ihren Mitgliedern das Überleben zu ermöglichen. Gründerinnen sind die Ehefrauen von im Balkankrieg in den 90er Jahren getöteten Männern. Sie halten sich mit eigenverantworteter Produktion von Feldfrüchten und Obst über Wasser.

Der Bericht weckt Erinnerungen an das einst von Partisanenkommandant Josip Broz Tito im Vielvölkerstaat Jugoslawien gesamtgesellschaftlich installierte System der Selbstverwaltung. Dass es ein „Evergreen“ ist, bestätigt der serbische Historiker Todor Kuljic. „Es war kein Plansozialismus, aber es war auch keine reine Marktökonomie“. Es sei ein nationales, gar übernationales Laboratorium gewesen. Dieses Regime, in dem früher gegensätzliche Nationen in Frieden lebten und das als supranationale Ökonomie funktionierte, sei sehr populär von Mazedonien bis Slowenien gewesen. „Das war eine aufgeklärte autoritäre, unmittelbare Demokratie“, so Kuljic. Bei einer Wiederbelebung des neuen Jugoslawien müsse die befreiende Erinnerungskultur im Auge behalten werden, erklärte er in einer kürzlich gehaltenen Rede zur Präsentation des Buches „Jugoslawien, Land der Träume“ von Bozidar Jezernik in Belgrad.

Jugoslawien erfuhr seit 1918 in den ersten Jahren seiner Existenz eine demokratische Entwicklung. Die ersten Arbeiterräte wurden 1949 gebildet. Ein Jahr danach – am 1. Juni 1950 – wurde die Institution der Arbeiterselbstverwaltung vom Parlament gesetzlich verankert. Danach wurde die bis dahin zentral geleitete Wirtschaft weitgehend dezentralisiert. Das Prozedere gilt allgemein als „dritter Weg“ gesellschaftlicher Entwicklung zwischen den von Hierarchien beherrschten Markt- und Planwirtschaften. ++ (158)

www.genonachrichten.de, e-mail: mg@genonachrichten.de, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27

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