Italiens genossenschaftliche Selbstheilungskräfte – Solidarität auf Corona-Prüfstand

Mailand/Havanna/Brüssel, 26. März 2020 (geno). Die geradezu pastorale Botschaft, die EU-Komissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Donnerstag vor dem ausgedünnten europäischen Parlament zu Solidarität, Beistand und Zusammenhalt zwischen den EU-Mitgliedsländern verkündete, war an Pathetik kaum zu überbieten. Die Wirklichkeit bietet das völlige Gegenteil. Die „Partner“ der Europäischen Gemeinschaft bekriegen sich regelrecht angesichts der herrschenden Corona-Krise. Nationale Egoismen und Abschottung dominieren die Szenerie.

Nach Meinung des iranischen Politikwissenschaftlers Seyed Alireza Mousavi hat es den Anschein, dass eine Pandemie die westliche Gesellschaft destabilisiert. Es fehle ihr an „sozialer Solidarität“. Er stellt fest: „Die Liberaldemokratie mag zwar Wohlstand für die Bürger bringen, aber sie ist längst daran gescheitert, eine solidarische Gesellschaft aufzubauen, die ihr in außerordentlichen Situationen helfen könnte. Denn die Logik der neoliberalen Gesellschaft beruht auf materialistischem Kosten-Nutzen-Kalkül.“ Insofern erscheine der neue Appell Merkels an die deutsche Bevölkerung, indem sie die Bürger auf ein solidarisches Handeln eingeschworen hat, wie eine leere Worthülse.

In dieser Situation unüberbietbarer Konkurrenz im Kampf um knappe medizinische Ressourcen betritt ein kaum vermutetes Kommando „weißer Ritter“ aus Lateinamerika die Bühne des Corona-Epizentrums im italienischen Mailand. Es handelt sich um eine Brigade des Henry-Reeve-Kontingents aus Kuba, das in dieser Woche auf dem Flughafen Malpensa der lombardischen Metropole still und geräuschlos einschwebte. Es ist eine eingeschworene Ärzte- und Pflegemannschaft, die sich in den vergangenen Jahren bei schweren Seuchen und Epidemien beispielsweise in Afrika und weltweit einen Namen als rettende Engel gemacht haben.

Von den Italienern, die solche solidarische Hilfe eigentlich aus der EU erwartet hatten, jedoch nicht erhielten, wurde das „Henry Reeve International Contingent“ von der Zuckerinsel mit größter Dankbarkeit begrüßt. Dieses medizinische Sondereinsatzkommando war im Jahr 2005 von Kubas Revolutions- und Staatschef Fidel Castro eigens zur Bekämpfung von Epidemien wie Ebola und SARS sowie für Katastropheneinsätze ins Leben gerufen worden. Seitdem waren rund 8.000 kubanische Mediziner in 19 Ländern erfolgreich im Einsatz. Das Kontingent war bereits für den Friedensnobelpreis 2015 nominiert und bietet nun dem in Not befindlichen EU-Land Italien seine helfende Hand. Weitere Nicht-EU-Staaten – wie Kuba ebenfalls oft in die Nähe kommunistischer Diktaturen gerückt – schickten China und Russland flugzeugweise Hilfsgüter und Schutzausrüstungen nach Italien.

Zugleich mit der schnellen Unterstützung von außen entwickelt das Land am Mittelmeer genossenschaftliche Selbstheilungskräfte. Landesweit hat der Coopbund Alto Adige Südtirol unter helpcoop@coopbund.coop einen virtuellen Mitglieder-Service aus der Taufe gehoben. An dieses Informations- und Kommunikationsnetz sind auch Legacoop und Confcooperative angeschlossen. Der schlichte Aufruf lautet: „Liebe Mitglieder, ganz einfach: Schreibt uns !“, ermuntert Coopbund-Vorsitzender Heini Grandi. Dieses Beispiel sucht in Deutschland noch seinesgleichen. ++ (mz/mgn/26.03.20 – 049)

www.genonachrichten.de, e-mail: mg@genonachrichten.de, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27

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