EU gefährdet genossenschaftliche Finanzsicherung

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Neu-Isenburg/Strasburg, 24. November 2015 (geno).Genossenschaftliche Finanzsicherung:  „Die von den Mitgliedern und Sparern der Genossenschaftsbanken gesammelten Mittel zur Sicherung anderer Sparguthaben in Europa einzusetzen, schadet der vorbildlichen Arbeit des genossenschaftlichen Finanzverbundes.“ Das erklärte der Präsident und Vorstandsvorsitzende des Genossenschaftsverbandes, Michael Bockelmann, am Dienstag in Neu-Isenburg, dem Verwaltungssitz der Kooperationsgemeinschaft von Genossenschaftsorganisationen von rund 2.300 Mitgliedsunternehmen in 13 bundesdeutschen Ländern. In einer Pressemitteilung kritisiert er die Leichtfertigkeit, in der die EU-Kommission mit ihren am selben Tag präsentierten Plänen eine gemeinsame europäische Einlagensicherung aufs Spiel setzt. Das von Finanzmarktkommissar Jonathan Hill in Strasburg vorgestellte Papier gefährde das genossenschaftliche Sicherungssystem. Statt künftige Krisen zu verhindern, schaffe der Plan der EU die Gefahr für neue.

Der äußerst negativen Einschätzung des Verbandspräsidenten war eine Umfrage unter den Volksbanken und Raiffeisenbanken vorausgegangen. Es ergab sich ein eindeutiges Bild: Die Genossenschaftsbanken lehnen das nun vorliegende Konzept geschlossen ab. 93,4 Prozent der befragten Kreditinstitute betrachten zudem Gesetze und die Regulierung als größte Herausforderungen ihrer Bank in der Zukunft. „Die überbordenden Regulierungsvorschriften machen den Volksbanken Raiffeisenbanken ohnehin schon stark zu schaffen“, so Bockelmann. ++ (fi/mgn/24.11.15 – 304)

www.genonachrichten.wordpress.com, www.genossenschaftsnachrichten.wordpress.com, e-mail: 133mgn@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27

Die Gechichte geht weiter: Mit diesem Beitrag aus den Genonachrichten vom 22.0218  möchten wir auf die hier im Video beschriebene Petitongegen EDIS (European Deposit Insurance Scheme) hinweisen. Warum unterstützt igenos e.V. die Interessengemeinschaft der Genossenschaftsmitglieder die EDIS Petition?
Genossenschaftsmitglieder sind  “Mitunternehmer”.  Sie haften für ihre Genossenschaft und sind gleichzeitig auch selbst verantwortlich. Dies betrifft nicht nur Fusionen oder die Schließung einzelner Filialen wegen fehender Rentabilität – nein diesmal geht es um mehr als nur um  die Verbindlichkeiten der DZ-Bank.

Die Genossenschaftsmitglieder, werden auch im Raiffeisenjahr 2018,  ohne angemessene Gegenleistung, per Gesetz und Satzung, von den Vermögenszuwächsen ihres Geschäftsbetriebs ausgeschlossen. Unsere Politiker sehen keinen Handlungsbedarf. Sollen die Genossenschaftsmitglieder, als Miteigentümer jetzt auch noch für ausländische Banken haften? Oder besser – ist die Rechtsform eingetragene Genossenschaft für den Betrieb einer Universalbank überhaupt noch geeignet?

Die Kunde = Mitgliedbeziehung – auch genossenschaftliche Identität genannt, ist ein wesentlicher Teil des genossenschaftlichen Geschäftskonzepts. Das gilt auch für Bankgenossenschaften. Die Mitglieder bringen das Stammkapital und den Umsatz, also die Grundlagen für den Gewinn. Die Mitglieder haften mit ihrer Einlage und einer Sonderbürgschaft in Form einer Nachschusspflicht. Die versprochene genossenschaftliche Gegenleistung, Förderung der Mitglieder bei ihren Geschäften mit ihrer Genossenschaft fällt aus. Die genossenschaftliche Rückvergütung wird nicht umgesetzt. Dividenden gekürzt, Kontoführungsgebühren erhöht. Das Ergebnis: Unsere kleinen, selbstständigen Genossenschaftsbanken sind hochprofitabel und Branchenprimus.

Trotzdem können die Mitglieder als Anteilseigner und Gläubiger für eine Bankenrettung herangezogen werden. Der EuGH hat mit diesem Urteil überraschend der EU-Kommission recht gegeben. Was heißt das? Die Gläubigerhaftung bezieht sich auf Bankguthaben und kann z.B. über einen Abschlag auf alle Bankguthaben bedeuten. Die Haftung der Anteilseigner  richtet sich dagegen direkt an alle Genossenschaftsmitglieder.

Betroffen sind ca. 18.000.000 Genossenschaftsmitglieder, die mit ihrer Einlage und oft mit der in der Satzung festgelegten Nachschusspflicht (Haftsumme) persönlich für ihre Genossenschaft haften und somit auch für die Spekulationen der genossenschaftlichen Zentralbank und die Verbundunternehmen gerade stehen müssen. Somit hat die Werbeaussage: “Du bist ein Bankeigentümer” plötzlich einen faden Beigeschmack.

Um dieses Risiko einzuschränken haben die Genossenschaftsbanken – ohne jedoch ihre Mitglieder zu informieren und ohne eine notwendige Satzungsänderung – hohe Rücklagen in Form der Fonds für allgemeine Bankrisiken gebildet. Rücklagen, die offenbar der Solidarität innerhalb der genossenschaftlichen Finanzgruppe dienen sollen.

Durch die bedingungslose Unterwerfung unter die Satzung der Sicherungseinrichtung der Volks- und Raiffeisenbanken können diese Beträge jedoch auch zur Rettung von der genossenschaftlichen Finanzgruppe angeschlossenen Banken anderer Rechtsformen angefordert werden.

Um diese Sicherungseinrichtungen geht es auch bei EDIS

Was verbirgt sich hinter EDIS (European Deposit Insurance Scheme) Mit EDIS möchte die Europäische Kommission ein Einlagensicherungssystem für die gesamte Eurozone einführen. Einlagensicherungssysteme werden mit den Beiträgen von Banken finanziert. Was hat das nun mit den Genossenschaftsbanken zu tun?

Bei einem europäischen Einlagensicherungssystem würden alle Banken eurozonenweit in einen gemeinsamen Fonds einzahlen, der dann im Insolvenzfall für die Guthaben aller Bürger der Eurozone einspringen würde. Der Vorteil einer solchen Lösung liegt darin, dass Ressourcen zusammengeführt werden und ein großer Fonds geschaffen wird, der glaubhaft Einlagen garantieren kann. Zudem trägt er zur Risikodiversifikation bei, weil die Risiken durch den Zusammenschluss auf mehr Länder verteilt werden. Probleme treten aber dann auf, wenn mehrere große Banken in mehreren Staaten betroffen sind, denn dafür reicht das Volumen von EDIS nicht aus. Was passiert, wenn die Mittel erschöpft sind, ist noch nicht klar. Im schlimmsten Fall dürften die Steuerzahler für die Banken der Eurozone haften und eben auch die Genossenschaftsmitglieder.

Problematisch ist auch, dass die Bankensysteme in der Eurozone bislang unterschiedlich stabil und somit die Risiken für Bankenkrisen unterschiedlich hoch sind.

Somit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass solide Bankensysteme für unsolide haften. Deshalb sollen Beiträge von den Banken gemäß dem Versicherungsprinzip ihr Risiko widerspiegeln, doch steht zu befürchten, dass hier politisch Einfluss genommen wird, um schwache Bankensysteme gezielt zu Lasten der stärkeren zu stützen.

Letzteres spiegelt zwar einen Solidaritätsgedanken wieder, geht aber nach Auflassung von igenos e.V. viel zu weit. Mit genossenschaftlicher Solidarität ist schließlich die Solidarität der Mitglieder untereinander gemeint.

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