Wohnungsgenossenschaften kalkulieren anders

Der Unterschied zwischen bedarfswirtschaftlichen und erwerbswirtschaftlichen Unternehmen. Ein Auszug aus dem aus dem Blog Beitrag von Frank Giebel

In der wohnungsgenossenschafltichen Praxis wird oft ein Preismodell gewählt, bei dem das Nutzungsentgelt (die Nettokaltmiete) für eine Wohnung sich am Mietenspiegel bzw. an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientiert. Mitunter wird der Mittelwert des Mietenspiegels gewählt und um Auf-und Abschlagsfaktoren ergänzt, um eine sogenannte „Wohnwertmiete“ zu erhalten, mitunter wird einfach ein gewisser Abschlag oder Aufschlag kalkuliert oder man gibt sich mit Blick auf die zu fördernden Mitglieder zufrieden, indem man die obere Spanne des Mietenspiegels nicht überschreitet. Dem Autor ist ein besonders eindrückliches Beispiel bekannt, in dem in der Satzung einer Wohnungsgenossenschaft sich noch eine Formulierung findet, die eine Selbstkostenmiete vorgibt, diese aber von der Leitungsebene interpretiert wird als „Unternehmeskostenmiete“ dh. dass um die Satzung einzuhalten nur das Erfordernis bestünde, dass in Summe über das ganze Unternehmen Kostendeckung und weitere Kriterien erfüllt sein müssten. 

Wie ist die Praxis einer Unternehmenskostenmiete in Wohnungsgenossenschaften betriebswirtschaftlich zu bewerten? 

Der Einfachheit halber wird mit Bezug auf den Wohnungsmarkt von einem Markt vieler Anbieter und Nachfrager ausgegangen mit hoher Konkurrenz (Polypol). Hier besteht der einzige Unterschied darin, dass bei erwerbswirtschaftlichen Unternehmen für alle Produkte Kostenminimierung angestrebt wird, um bei gegebenem Marktpreis bzw. reguliertem gedeckeltem Marktpreis insgesamt Gewinnmaximierung zu erreichen, während bei bedarfswirtschaftlichen Unternehmen grundsätzlich Ersparnismaximierung für die Produktnutzer möglich ist, indem bei Kostenminimierung und einer Preisgestaltung orientiert an den Selbstkosten also den langfristig notwendigen Kosten dies dazu führt, dass der Nutzen für die Nutzer maximiert wird unter Beachtung der Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens und seiner gesellschaftlichen Verantwortung im Rahmen guter Unternehmensführung (good governance). 

Wäre es ein gültiges Gegenargument zu sagen, dass insoweit zwar eine Kostenträgerrechnung auf Ebene der Wohnanlagen betriebswirtschaftlich als betrieblich Steuerungspraxis gerechtfertigt ist, dass dies nicht aber automatisch bedeuten muss, dass nicht auch die Kalkulation und Preissetzung mittels einer Wohnwertmiete betriebswirtschaftlich akzeptabel ist? Wenn das stimmt, dann würde sich die Kritik an der Praxis darin erschöpfen dass bzw. insoweit gar keine Kostenträgerrechnung durchgeführt wird, also gar keine Kostensteuerung und Kostenminimierung als Managementfunktion erfolgen kann, nicht aber, dass das Preissystem Wohnwertmiete generell abgelehnt wird. 

Selbst dann würde eine Wohnwertmiete dazu führen, dass Preise unter den Selbstkosten lägen bei Wohnanlagen mit hohen Kosten und und Preise über den Selbstkosten bei Wohnanlagen mit sehr niedrigen Kosten. Das Kostenverursachungsprinzip würde also verletzt. Es würden also Verlustbringer dauerhaft und langfristig im Portfolio der Wohnanlagen belassen. Dies widerspricht der grundlegenden Ausrichtung von Wirtschaftsunternehmen nur Projekte zu betreiben, die sich selbst tragen. Die dauerhafte und wissentliche Nichtbeachtung des Kostenverursachungsprinzips führt letztlich dazu, dass die Grenze eines wirtschaftlich handelnden Unternehmens verlassen wird.

Die Bereitschaft der Praxis sich zu ändern ist manchmal sehr gering ausgeprägt, die Suche nach Argumenten kann mitunter sehr kreativ werden, um ja nichts ändern zu müssen. Wäre es ein mögliches Argument der Praxis zu sagen, dass auch ohne Kostenträgerrechnung und mit Wohnwertmiete die Gewinnsituation des Unternehmens sehr gut ist und dies Indiz genug ist, dass das Unternehmen wirtschaftlich geführt wird? Dem wäre zum einen entgegenzuhalten, dass ohne Kostenträgerrechnung gar keine eindeutigen Informationen über die Wirtschaftlichkeit aller Produkte vorliegen und deshalb keine Beurteilung der Einsparungsmöglichkeiten erfolgen kann. Zum anderen geht es in bedarfswirtschaftlichen _Unternehmen ja gerade nicht um die Gewinnsteigerung sondern um die Nutzensteigerung bzw. Ersparnismaximierung und diese bleibt bei einer Wohnwertmiete und ohne eine Kostenträgerrechnung ohne spezifische Förderung und in ihrem Potential im Dunkeln.  Zum Dritten liese sich der Verzicht auf eine Kostenträgerrechnung wohl nur rechtfertigen, wenn man glaubt dass die Erkenntnisse nicht dazu führen würden, dass im Anschluss Kosten da gesenkt werden könnten, wo sie überproportional hoch sind. Man würde also den eigenen Managementfähigkeiten absolut keinen Einfluss auf die künftige Kostenminimierung zubilligen. Dies wäre sicher keine akzeptable Haltung für einen betriebswirtschaftlich ausgebildeten Manager. Die einzige wissenschaftlich begründbare Begrenzung einer Kostenträgerrechnung in der Praxis liegt in den Kosten, die durch die Berechnung selbst erfolgt. Eine Kostenträgerrechnung sollte also wahrscheinlich eher jährlich als monatlich durchgeführt werden und nicht bis in alle Details exakt ausgearbeitet werden, sondern es ist legitim ja notwendig, bei der Ausführung Aufwand und Ergebnisbeiträge von Nebenrechnungen zu beurteilen. Sicher ist es aber nicht gerechtfertigt, sich gar nicht erst auf den Weg zu machen
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