Gemeinwohl wird zur Gretchenfrage

Berlin, 18. Juli 2022 (geno). Genossenschaften sind in der Regel keine gemeinwohlorientierten Unternehmen. Das geht eindeutig aus Paragraph 1 des Genossenschaftsgesetzes hervor. Danach handelt es sich nämlich um Gesellschaften, „deren alleiniger Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern“. Gemeinwohl wird zur Gretchenfrage.

Die Bezeichnung „Genossenschaft“ verleitet in der breiten Öffentlichkeit dazu, Genossenschaften als im Dienste und Interesse der Allgemeinheit tätig zu sein. Das ist jedoch eine krasse und wohl schwer ausrottbarbare Fehleinschätzung. Dass dies so ist, dürfte dem äußerst mangelhaften Wissensstand in der Bevölkerung über diesen wichtigen gesellschaftspolitischen Themenkreis anzulasten sein. Wer Urheber solcher Unkenntnis ist, liegt auf der Hand: Die politisch Verantwortlichen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene für Bildung haben seit Jahrzehnten mit den genossenschaftlichen Grundprinzipien Selbsthilfe-Selbstverantwortung-Selbstverwaltung nicht nur gehadert, sondern ihnen höchstes Misstrauen entgegengebracht. Augenscheinlich war und ist Verlust an Macht und Einfluss die Triebkraft bei politischen Amtsträgern.

Aus einer aktuellen Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage einiger Mitglieder der Bundestagsfraktion der Alternative für Deutschland (AfD) gehen weitere schwerwiegende Missverständnisse hervor. Darin heißt es: “ Mit Hilfe einer im Koalitionsvertrag angekündigten und in Erarbeitung befindlichen Nationalen Strategie für Sozialunternehmen sollen gemeinwohlorienierte Unternehmen stärker unterstützt werden.“ Noch in diesem Jahr werde vom Bundeswirtschaftsministerium das zielgruppenspezifische Förderprogramm „REACT with impact – Förderung des Sozialunternehmertums“ aufgesetzt.“ Mitgeteilt wird desweiteren: Sofern Produktivgenossenschaften als gewerbliche Unternehmen organisiert sind, sind sie umfassend antragsberechtigt. Allerdings sind nur wenige Anträge bekannt. Probleme bezüglich der Antragsberechtigung sind nicht aufgetreten.“ ++ (gt/mgn/18.07.22 – 107)

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