Rechtsform Genossenschaft als Leistungs- und Fördergemeinschaft

Dieser Beitrag befasst sich mit der Genossenschaftstheorie. Die eingetragene Genossenschaft ist nach dem Genossenschaftsgesetzt (GenG) als Leistungs- und Fördergemeinschaft zum Nutzen der Mitglieder ausgerichtet und passt in die heutige, digital und arbeitsteilig ausgerichtete Zeit. Genossenschaften stehen weltweit für gelebte Demokratie. Das bedeutet die Mitglieder sind aufgefordert, ihre Genossenschaft mitzugestalten, aber ohne dabei in das Tagesgeschäft einzugreifen. Die Genossenschaftsmitglieder haben als alleinige Eigentümer die Möglichkeit, in der Generalversammlung ihren Vorstand und Aufsichtsrat zu wählen. Wenn Vorstand und Aufsichtsrat ihren Förderauftrag nicht erfüllen sollten, kann die Generalversammlung ihre Organe auch abzuwählen. Die Einzelheiten klärt die Satzung, die aufgrund der vorherrschenden Satzungsfreiheit aber auch jederzeit von der Generalversammlung angepasst werden kann.

An der Mitgliedschaft Interessierte treten  freiwillig in die Genossenschaft ein und können ebenso wieder austreten. Insofern ist der Mitgliederkreis offen, was zu einem variablen Mitgliederbestand führt, der nicht geschlossene Mitgliederzahl. Gemäß § 1 Abs. 1 des geltenden deutschen GenG sind Genossenschaften „Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern“. Die eingetragene Genossenschaft (eG) stellt eine eigenständige Rechts-, Unternehmens- und Kooperationsform dar. Wir unterscheiden zwischen Genossenschaftszweigen (Wirtschafts- Kultur und Sozialgenossenschaften) und eine Vielzahl von Genossenschaftsarten ( Energie- und Kreditgenossenschaften, ländliche Genossenschaften, Wohnungs- und Wohnungsbaugenossenschaften ) Der Förderzweck orientiert sich an der Art der Genossenschaft. Renditegenossenschaften sind nicht zugelassen.

Genossenschaften sind immer eine zweckgebundene Gesellschaftsform, was auf keine andere Rechtsform zutrifft. Gleichzeitig  gilt ein Transparenzgebot.  Die Geschäftstätigkeit ist zwingend darauf auszurichten, die Mitglieder – und nur diese – bei der Erreichung ihrer wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Ziele zu unterstützen. Wir sprechen hier vom Gebot der Mitgliederförderung, die keine andere Rechtsform aufweist. Der Kooperationsgrundsatz betont, dass gemeinsame Ziele gemeinsam erreicht werden sollen, was Einzelne auf sich allein gestellt nicht zu leisten vermögen.
Die im Gesetzestext enthaltenen Merkmale beschreiben sowohl die originelle Rechtsform eG als auch das unverwechselbare Wesen einer Genossenschaft, nämlich einen freiwilligen Zusammenschluss von privaten Haushalten oder Erwerbsunternehmen, die das gemeinsame Interesse an der Lösung ökonomischer oder/und nicht­ökonomischer Aufgaben durch Zusammenarbeit verbindet.

Die genossenschaftliche Idee besteht darin, privaten Haushalten oder Erwerbswirtschaften unter Wahrung ihrer Selbständigkeit und Verantwortlichkeit kooperative Möglichkeiten der Teilnahme am Wirtschaftsleben zu erschließen und diese auch genossenschaftlich abzusichern. Die eingetragene Genossenschaft befindet sich im Gemeinschaftseigentum. Aufgrund der Förderzweckbindung sind die “Genossen” nicht am Wertzuwachs ihrer Genossenschaft beteiligt. Ausnahme ist die Auflösung, bzw. die Umwandlung der Genossenschaft in eine andere Rechtsform. Genossenschaften sind vielleicht die besseren Kapitalisten, aber keine am Gemeinwohl orientierte Unternehmen!

Die eG ist der einzige Unternehmenstyp, der von Mitgliedern (als Eigentümern und Nutzern) getragen wird. Ohne Mitglieder gäbe es keine Genossenschaft. Das genossenschaftliche Identitätsprinzip und der daraus abzuleitende Partizipationsgedanke gewährt den Mitgliedern die  Möglichkeiten ihren Förderanspruch selbst festzulegen. Die demokratische Struktur der Genossenschaft und absolute Transparenz sind wesentliche Bestandteile der Genossenschaftskultur. Im Vorfeld der Gesetzesnovelle von 2017, dem  „Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften“, wurde die gesellschaftliche Relevanz der eingetragenen Genossenschaft noch einmal hervorgehoben. Die Überprüfung und Berichterstattung über die Erfüllung des Förderauftrags ist seitdem ausdrücklicher Bestandteil der gesetzlichen Prüfung durch den Genossenschaftsverband. 

Dieser Beitrag wurde von der igenos Arbeitsgruppe Genossenschaftstheorie erstellt. igenos e.v. ist eine bundesweit aktive Interessenvertretung der Genossenschaftsmitglieder. Die in diesem Beitrag beschriebenen Transparenzkriterien werden in der Praxis nicht immer erfüllt. Ein trauriges Beispiel dafür ist die Fusionspolitik der Volks- und Raiffeisenbanken oder andere Versuche der Einflussnahme
durch die genossenschaftlichen Verbände
. Auch wenn das Erscheinungsbild der Genossenschaftsbanken weitgehend identisch ist, sind
Genossenschaftsbanken keine Franchise Betriebe und die von den Genossenschaftsmitgliedern finanzierten Genossenschaftsverbände keine weisungsbefugten Franchisegeber. Im Gegenteil die Genossenschaftsverbände befinden sich in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit von den von ihnen „betreuten“ Genossenschaften. Im Durchschnitt finanzieren 1,77 Genossenschaften einen Mitarbeiter in einem der vier zum DGRV Verbund gehörenden Prüfungsverbände, so die Insiderplattform genoleaks.

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1 Kommentar.

  • Eingang digitale Post
    17. Februar 2021 13:27

    Anmerkung: An einer Stelle geht es in § 1 GenG um die dort aufgezählten Genossenschaften. Für die weitere Einteilung gibt es kein festes Schema. Verbreitet ist:
    1 Wirtschafts- , Sozial- und Kulturgenossenschaften sind Genossenschaftsbereiche. Bis 2006 gab es nur die Ersteren: Genossenschaften waren Wirtschaftsgebilde. Dann kamen die zwei „neuen“ dazu.
    2 Die „klassischen“ Wirtschaftsgenossenschaften werden in Gen´zweige eingeteilt: Bank-, gewerbliche, ländliche, Konsum- und Wohnungsgenossenschaften.
    3 Die letzte Gruppe sind die Gen´arten oder auch -sparten: z. B. bei den gewerblichen: Handels-, Handwerksgenossenschaften.

    Dazu kommt noch die Unterscheidung von Förder- und Produktivgenossenschaften, Beschaffungs- und Verwertungsgenossenschaften.

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