Verfassungsbeschwerde: Für mich ein unglaublicher Vorgang, dass Genossenschaftsbanken sogar Vermögen ihre Mitglieder „enteignen“ können. Im Interesse des deutschen Genossenschaftswesens sollte so etwas mit allen Mitteln aufgeklärt und abgestellt werden … Leider können wir Ihnen nicht widersprechen. Wir müssen jedoch dazu sagen, dass so etwas lediglich in Verschmelzungssituationen von Genossenschaftsbanken geschehen kann – leider bereits oft genug geschehen ist und vermutlich auch weiterhin geschehen wird, wenn keine Klärung erfolgt.Wir bedauern zutiefst, dass solche Art Mitteilungen gerade jetzt in die Öffentlichkeit gelangen, insbesondere, weil erst kürzlich Genossenschaften in Deutschland zum „Weltkulturerbe“ erklärt wurden und mit viel Aufwand die Feiern zum 200. Jahrestag zum Gedenken an Friedrich-Wilhelm Raiffeisen anlaufen. Das Jahr 2018 sollte eigentlich ein „Jahr des genossenschaftlichen Aufschwungs“ werden. Aber wie wäre das mit einer Situation zu vereinbaren, dass zugleich im Jahre 2018 Verfassungsbeschwerden, Schadenersatzklagen und Petitionen drohen, weil in der Vergangenheit Verbände und Bankgenossenschaften sich daran beteiligen haben könnten, dass Vermögen von Genossenschaftsmitgliedern durch quasi „enteignungsgleiche Eingriffe“ von den Mitgliedern in andere Strukturen umgeleitet wurden und solche Formen von Enteignung weiterhin bei jeder neuen Verschmelzung drohen? Will man solchen Entwicklungen – die dem gesamten Genossenschaftssektor enormen Verlust an Glaubwürdigkeit einbringen können – nicht tatenlos zusehen, müssen Verbände im Genossenschaftssektor und Genossenschaften selbst beginnen, sich deutlich von solchen Entwicklungen abzugrenzen. Es ist an der Zeit zu entscheiden, ob man sich mit „Genossenschaft-1.0“ zufrieden gibt, oder nunmehr prüft und gestaltet, wie „Genossenschaft-2.0“ aussehen muss, um zu erreichen, dass:
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Der deutsche Genossenschaftssektor im europäischen Vergleich wieder eine führende Rolle spielen kann.
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Genossenschaften im kooperativen Wandel eine führende Rolle übernehmen können.
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Menschen Vertrauen in den Genossenschaftssektor haben und dies Vertrauen sich tagtäglich als gerechtfertigt erweist.
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So etwas wie ein „Sog“ in Richtung Genossenschaften entsteht, eine Faszination, die Länder wie Spanien, Frankreich, Italien, Schweiz, etc. längst erreicht haben
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Die Menschen erkennen können, dass Genossenschaften nicht nur „engmaschig“ ihre Eigenprobleme im Blick haben, sondern stets bereit sind, ihr positives Wirken für das Ganze, nachhaltig und nachvollziehbar unter Beweis zu stellen.
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Sich die Veröffentlichungen der genossenschaftlichen Verbände und der Genossenschaften mit ihrem tatsächlichen Handeln decken.
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Genossenschaften und genossenschaftliche Verbände, Konzepte für einen kooperativen Wandel, eine Miteinandergesellschaft präsentieren und bei Beschädigungen des genossenschaftlichen Sektors, geeignete Konsequenzen gezogen werden, was auch den Ausschluss Einzelner aus einer Genossenschaft betrifft, wie auch den Ausschluss einer Genossenschaft aus einem Verband.
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Legt man diese „Minimalposition“ für eine uneingeschränkte Akzeptanz des Genossenschaftssektors zugrunde, um diesen faktisch als wichtigste Rechtsform für einen kooperativen Wandel akzeptieren zu können, muss die Frage erlaubt sein, ob diese „Messlatte“ für den – mitgliederstärksten – Genossenschaftsbereich, den der Genossenschaftsbanken tatsächlich schon – oder noch – zutrifft.
2 Kommentare.
Die Rechtsform Genossenschaft und die dahinterstehende Idee ist eine hervorragende Sache, die sich bereits tausendfach im Kleinen bewährt hat. Für milliardenschwere Banken mit 20.000 bis 100.000 und mehr Mitgliedern jedoch die absolut falsche Rechtsform.
Denn die Rechtsform eG beschert den einzelnen Mitgliedern keine Beteiligung am Vermögen durch steigende Vermögenswerte der Gesellschaft und deren Realisierung bei Kündigung ihres Geschäftsanteils. Überspitzt ausgedrückt, hat der Gesetzgeber diese Rechtsform so ausgestattet, dass im Worstcase-Fall bei Zusammenbruch des Bankensystems und Verbrauch aller Mittel der Sicherungseinrichtung zuerst die Geschäftsanteile der Mitglieder zur Verlustdeckung herangezogen werden. Reichen diese nicht aus, werden die Mitglieder mit ihrer Haftsumme, die im Einzelfall das 10 und mehrfache des einzelnen Anteils betragen kann, persönlich zur Haftung herangezogen. Ausgeschiedene Mitglieder können innerhalb einer bestimmten Zeitspanne ebenfalls noch zur Haftung herangezogen werden.
Und erst wenn – notfalls per Gerichtsvollzieher – diese Haftsummen eingetrieben sind und diese Zahlungen ebenfalls noch nicht zur Verlustdeckung ausreichen, wird vielleicht der Gesetzgeber einspringen, also der Steuerzahler.
Man könnte durchaus auf den Gedanken kommen dass der Gesetzgeber eine Rechtsform für eine exklusive Bankengruppe geschaffen hat, bei der die Verantwortlichen – auf dem Rücken von 18 Millionen Mitgliedern – Geschäfte tätigen können, die diesen Personenkreis im Erfolgsfall hohe Gehälter, Tantiemen und unverfallbare Pensionen bescheren. Das Risiko und die Haftung für solche Geschäfte bleibt bei jenen Menschen, die eine Mitgliedschaft zeichnen, dadurch Miteigentümer werden, aber oft nicht wissen, dass ihnen der Gesetzgeber die persönliche Haftung – mit dem gezeichneten Geschäftsanteil und der auf jeden einzelnen Geschäftsanteil entfallenden Haftsumme – für solche Geschäfte aufbürdet. Ohne jedoch jemals am angesammelten Vermögen der Gesellschaft beteiligt zu werden.
Die Frage ist, ob solches verfassungsrechtlich zulässig ist.
Dies ist eine bedenkliche Entwicklung und wir würden betroffenen Genossen raten, sich dagegen auch gerichtlich zur Wehr zu setzen.
Eine Verfassungsbeschwerde kann aber nicht eingelegt werden, weil es keine Enteignung durch den Staat ist.
Es wäre wirklich schön und hilfreich, wenn einige Genossen den Mumm hätten, diese Praktiken gerichtlich überprüfen zu lassen.
Dr. Ludolf von Usslar Rechtsanwälte http://www.usslar.com