Genossenschaften führen aus gesellschaftlicher Orientierungslosigkeit heraus

München/Bad Homburg, 27. Juli 2017 (geno). „Wahrscheinlich bedarf es einer Renaissance des Genossenschaftsgedankens auf breiter Fläche in Wirtschaft und Gesellschaft … und vor allem weltweit“. Das schreibt Sigurd Schmidt aus Bad Homburg in einem Leserbrief an die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ), der in der Donnerstagausgabe auszugsweise veröffentlicht ist. Es gebe tatsächlich einen neuen, vor allem ökologisch orientierten, Antikapitalismus, der irgendwie noch heimatlos ist.

Der Leserbrief mit der Anregung, die Genossenschaftsidee zu popularisieren, ist eine Reaktion auf einen Beitrag von Jens Bisky wenige Tage zuvor am 20. Juli. Darin hatte der Chef der SZ-Feuilleton-Redaktion unter der Überschrift „Verfassungsschutzfolklore“ darüber geklagt, dass Schlagworte wie „links“ und „rechts“ eine seltsame Wiederkehr erleben, obwohl die Wirklichkeit längst weiter ist. Das ungenaue, arg in die Jahre gekommene Links-rechts-Schema nähre die Illusion, man könne die notwendigen Kulturkämpfe der Gegenwart in den Kostümen der Siebzigerjahre führen, obwohl sie schon damals schlecht passten. Mit links, rechts und Mitte kenne sich die Bundesrepublik zwar aus, aber die Routinen werden nicht ausreichen.

Bisky erläutert den Bezug zu den aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen: „Viele Konflikte liegen jedenfalls quer zu den vertrauten Einteilungen. Die Fixierung auf links oder rechts erschwert den Streit um eine der unausweichlichen Fragen, der nach der künftigen Gestalt des Nationalstaats. Sollen die Prozesse der Entgrenzung und Liberalisierung, die 1989 begonnen haben, fortgesetzt werden ? Wer kann dabei wie modifizieren, steuern ? Oder wäre eine Re-Nationalisierung besser geeignet, Sozialstaatlichkeit in den Dauerkrisen zu erhalten ? Beide Wege werden derzeit in Europa beschritten. Es wäre ein müßiges Spiel, die Argumente dafür und dagegen nach verfassungsschutzfolkloristischen Vorgaben zu sortieren.“ Die Orientierungslosigkeit staatlicher Behörden wie dem Verfassungsschutz lasse sich kaum deutlicher demonstrieren als mit dem Tatbestand, dass das NSU-Trio lange unentdeckt blieb, während man brav den Linken-Politiker und jetzigen Ministerpräsidenten Thüringens, Bodo Ramelow, überwachte.

Angesichts all dessen ist der Vorschlag des SZ-Lesers aus Bad Homburg sogar viel mehr als ein lohnender Gedankenanstoß. Sein Hinweis sollte ernsthaft und generell ins Kalkül gezogen und umgesetzt werden. ++ (vs/mgn/27.07.17 – 150)

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