Solidarismus – der erste Diesel Skandal

Solidarismus ist ein Wirtschaftsmodell von Rudolf Diesel. Das Rezept ist einfach. Ein bisschen Marx & Engels, ein bisschen August Bebel gemischt mit Schulze und Raiffeisen. Das Ergebnis heißt „Solidarismus“ und stammt aus der Feder von Rudolf Diesel. „Daß ich den Dieselmotor erfunden habe, ist schön und gut. Aber meine Hauptleistung ist, daß ich die soziale Frage gelöst habe.“  Rudolf Diesel, der während seiner unternehmerischen Tätigkeit von Banken und Kreditgebern geknechtet wurde, liefert bereits 1903 einen Businessplan für eine Kooperationsgesellschaft.

Das Rezeptbuch ist einfach geschrieben, verzichtet auf einen großen theoretischen Überbau und beschreibt ohne ideologische Verblendung konsequent und aus der Sicht eines Technikers den Aufbau einer Kooperationsgesellschaft. Die Vergütung ist leistungsbezogen, es gibt ein Buchhaltungssystem und den Anspruch freiwillig am System teilzunehmen. Sogar auf Datenschutz wird geachtet, Religion und Parteizugehörigkeit spielen keine Rolle.

Die vielen Parallelen zum Genossenschaftswesen fallen auf. Der Begriff Genossenschaft wird dagegen weitgehend vermieden. Die Funktionsweise der Genossenschaften wird kindlich, aber volksnahe mit einem Bienenstock beschrieben, die Genossen sind die Bienen. Das Bienenprodukt wird zu den Herstellungskosten, genannt der Bienenpreis, mit anderen Bienenstöcken getauscht.

Die Finanzierung der Bienenstöcke erfolgt durch freies Kapital, wobei die Volkskasse als Bürgschaftsbank dient und somit die Kapitalbeschaffungskosten senkt.

Die Volkskasse – erinnert ein bisschen an die ursprüngliche Idee der Volksbank wird durch kleine aber regelmäßige Pfennigbeiträge der „Brüder und Schwestern“ gespeist, damit möglichst viele neue Bienenstöcke entstehen können.Die Volkskasse der Selbstunternehmer, die als Bürgschaftsbank fungiert. Etwas zum Nachdenken.

Diesel beschreibt die prekären Einkommensverhältnisse der Scheinselbständigen und sein Solidarismus beschreibt mit höchster Präzision eine interessante Alternative zum bestehenden System der Konkurrenzwirtschaft.Diesel Ziel ist die Befreiung von der Lohnarbeit, durch das Freikaufen durch die Volkskasse. Jeder zusätzliche Bienenstock liefert selbstbestimmte Arbeitsplätze, Sozialleistungen und ein kooperatives Versorgungssystem.Diesel setzte auf freiwillige Selbstorganisation, ohne kostspieligen Verwaltungsapparat und auf eine Bewegung „von unten“ mit dem Ziel die Hilfe zur Selbsthilfe zu fördern.

Die Sozialdemokraten und Gewerkschaften setzten traditionell auf den Konfrontationskurs, die Kommunisten auf den Klassenkampf und Diktatur. Somit blieb Diesel´s großartige Idee einfach nur links liegen. Schade darum!

Wäre es Diesel gelungen sein Konzept mit der Hilfe der SPD umzusetzen, sähe die Welt heute vielleicht etwas anders aus.

Diesels Werk wurde in einer Auflage von 10.000 Exemplaren gedruckt, von denen nur 300 Exemplare verkauft wurden. Die Verkaufszahl entspricht etwa der Auflage der Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen im Jahr 2017. Das Interesse an neuen Formen der kooperativen Zusammenarbeit ist allem Anschein nach in den vergangenen nicht gestiegen. Woran mag das liegen?

Wenn wir den Begriff „Solidarismus“ heute durch WirKraft ersetzen, aus den Bienenstöcken WirKraftWerke machen und dann nur noch die Bienenprodukte in WirKraftProdukte umbenennen sind wir auf dem richtigen Weg die wunderbare Idee von Rudolf Diesel umzusetzen. Auch die WirKraft entsteht „von unten“.

Der Autor Gerald Wiegner ist Vorstand der igenos e.V. Interessengemeinschaft der Genossenschaftsmitglieder. Der Beitrag wurde aus dem Forum Genossenschaftswelt übernommen. Inzwischen gibt es auch den Prototyp des
WirKraft Spiels, dass der Hamburger Arzt Heiko Schöning entwickelt hat.

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