Mondragon-Genossenschaft: Schwierigkeiten bei Gewinn- und Eigentumsbeteiligung ausländischer Arbeiter

San Sebastian/Hamm, 8. Februar 2018. (geno). „Das ist hier kein Paradies. Wir sind Menschen mit Ideen und Problemen. Unsere Hauptaufgabe ist, den Ausgleich zwischen wirtschaftlichen und sozialen Erfordernissen zu finden“. Das sagte der Betriebssoziologe und Pressesprecher der Mondragon Corporacion Cooperativa (MCC), Mikel Lezamiz, über die weltweit tätige Genossenschaft aus dem spanischen Teil des Baskenlandes. Die MCC-Hauptsäulen bestünden in den vier kooperativen Werten: Kooperation, Partizipation, Innovation und soziale Verantwortung. Wahr sei, dass zwar einige Ideale verloren gegangen sind, aber 95 Prozent der Ideale seien erhalten geblieben. Da sei er sicher. Es gebe auch einige Widersprüche, jedoch überwiege in der Kooperative das Vorteilhafte gegenüber den Nachteilen. Auf die Frage nach den Notwendigkeiten bei MCC verwies er auf Probleme in den ausländischen Standorten der Kooperative. Es sei dort äußerst schwierig, beispielsweise die Arbeiter in Mexiko, China oder anderswo am Gewinn und am Eigentum zu beteiligen.

Bezüglich der gesellschaftlichen Transformation, die ebenfalls ein Grundziel von Genossenschaften darstellt, findet Lezamiz vor allem kleine Genossenschaften interessant. Er nennt Italien als Beispiel dafür, dass kleine Kooperativen viel mehr Wirkungen auslösen können, da sie eine andere Rolle im alltäglichen Leben einnehmen. Dagegen seien die MCC-Genossenschaften größtenteils Produktionsgenossenschaften außerhalb der Lebensräume der dort arbeitenden Menschen. Die Leute gehen zu ihrer Genossenschaft arbeiten und fahren anschließend nach Hause, um in einem Gasthaus oder einem Lokal Kurzweil zu finden. Um den Einfluss auf die Gesellschaft zu verstärken, seien kleine Genossenschaften in den Ballungsräumen nötig. „Für uns bedeutet die soziale Transformation, die Gesellschaft zu verändern, indem wir ein besserer oder gleich guter Anbieter mit mehr Solidarität  in der Gesellschaft sind. Um das zu erreichen, müsse diese Philosophie verbreitet werden – vor allem in und durch kleine Genossenschaften. Durch das Gründen sozialer Genossenschaften sei es möglich, die Menschen auch nach ihrer achtstündigen Arbeit zu erreichen, weil sie ihre Rolle als Mitarbeiter nicht an der Ausgangstür abgeben, sondern mit dem Projekt „Unternehmen“ verbunden sind. So könne auch anderen Menschen in ihrer Umgebung das Wesen und die Vorteile von Kooperativen nähergebracht werden.

Nach Ansicht von Lezamiz bieten große Genossenschaften auch Vorzüge hinsichtlich der Partizipation, weil es dort immer einen Sozialrat und öfter Meetings gibt. Früher habe man in der Regel große Genossenschaften aufgeteilt. Heute sei das allerdings anders. Die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber großen asiatischen Konkurrenten sei nur möglich, wenn die Genossenschaft eine gewisse Größe erreicht hat und dadurch Skaleneffekte erreicht. Mit kleinen Genossenschaften könne man die Anforderungen der Globalisierung nicht bestehen.

Für die Zukunft wünscht sich Lezamiz, dass mehr junge Leute  sich bereit erklären, Unternehmer zu werden und Verantwortung zu übernehmen. Um eine Genossenschaft zu gründen, sei die Bereitschaft zur Mitarbeit im genossenschaftlichen Sinne und der Wille junger Leute zum Unternehmertum nötig. Er sieht allerdings das Problem, dass ein Achtstundentag mit Urlaubszeit präferiert wird. Früher sei die Situation eine andere gewesen. Die Menschen hatten ein sehr niedriges Einkommen. Das vereinfachte die Entscheidung zur Selbstständigkeit und Mitarbeit in einer Genossenschaft, um die eigene Lage zu verbessern. Jedoch heute gebe es die Freizeitgesellschaft. Es werde gearbeitet, um sich die Freizeit leisten zu können. Das Lebensziel sei nicht mehr, sich in der Arbeit zu verwirklichen, sondern die Freizeit zu genießen.

Eine ausführliche Veranstaltung in Kooperation mit der Evangelischen Akademie im Rheinland über das Genossenschaftswesen im Baskenland allgemein und zu Mondragon im Besonderen findet am 24. Februar 2018 innerhalb des „Marienthaler Forums“ im Kulturhaus Hamm/Sieg statt. Sie wird bestritten von dem langjährigen Kenner der Materie Dr. Hans Harms. Der aus Friesland stammende Wissenschaftler lebt seit mehr als drei Jahrzehnten in San Sebastian und ist im „laboratorio de sociologia juristica“ der Stadt tätig. ++ (mo/mgn/07.02.18 – 029)

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