Zarter Lichtblick bei Konsumgenossenschaft Berlin – Hochhaus-Bau geplant

Berlin, 26. Juli 2018 (geno). Erstmals seit vielen Jahren kommen aus der Konsumgenossenschaft Berlin und Umgebung wieder zarte positive Signale. Die nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik arg ins Straucheln geratene, damals größte ostdeutsche Konsumgenossenschaft will ein Wohn-Hochhaus bauen. Ob das Projekt ein echter Lichtblick wird, ist noch nicht klar zu erkennen. Die Neuigkeit an sich drang an die Öffentlichkeit, nachdem Gewerbemieter in Bestandsgebäuden am vorgesehenen Standort im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf grob über das Vorhaben informiert worden sind. Ihnen wurde angeboten, auch in dem Neubau Räume anzumieten. Es handelt sich um Arztpraxen, eine Apotheke, Gaststätten und eine Kaufhalle.

Die Wochenzeitung „Berliner Woche“ ging den wenigen Informationen nach und berichtete davon in ihrer jüngsten Ausgabe. So wurde Zahnärztin Silvia Hauser vom „Konsum“ über den geplanten Abriss der Bestandsgebäude in Kenntnis gesetzt und auf ein Sonderkündigungsrecht hingewiesen. Sie sieht ihre Existenz bedroht, wenn sie während der Bauzeit keine Ersatzräume hat und nicht weiter praktizieren kann. Meist betagte Anwohner machen sich Sorgen um ihre gesundheitliche Betreuung in der Nähe und um die bislang gute Nahversorgung im Lebensmittelmarkt. Bürgermeisterin Dagmar Pohle kennt das Vorhaben nur aus Vorgesprächen und will – sobald Konkretes und Greifbares bekannt ist – zu einer Einwohnerversammlung einladen.

Die Geschichte des Konsum Berlin begann 1899 mit der Gründung des Konsumvereins Berlin-Nord in Pankow. Es kamen weitere Konsumvereine hinzu und die offizielle Bezeichnung war fortan „Konsumgenossenschaft Berlin und Umgebung“. Bereits 1913 eröffnete die 100. Verkaufsstelle der Genossenschaft. Mit dem Vermögen aus den ersten Hausanteilscheinen in einer Gesamthöhe von 500.000 Reichsmark kaufte die Genossenschaft ihr erstes Grundstück in der heutigen Josef-Orlopp-Straße in Berlin-Lichtenberg und bebaute es. Das vom Leipziger Architekten Leberecht Paul Ehricht projektierte und 1914 fertiggestellte Verwaltungsgebäude ist bis heute Firmensitz der Genossenschaft. Es steht unter Denkmalschutz. Die Mitgliederzahl entwickelte sich rasant. Im Jahr 1908/09 bewegte sie sich um 20.000. 1928/29 hatte sie 170.000 erreicht. Im Jahr 1989 wurden 284.000 Mitglieder und 14.000 Mitabeiter gezählt. Der „Konsum“ war damit Berlins zweitgrößtes Handelsunternehmen und eine der weltweit größten Konsumgenossenschaften. Dazu gehörten 785 Verkaufsstellen, 62 Kaufhallen, elf Kaufhäuser,, 79 Gaststätten, zwei Produktionsbetriebe und ein Hotel. Zudem wurden Sozial- und Freizeiteinrichtungen betrieben wie acht Kindergärten, eine Kinderkrippe, fünf Kinderferienlager und fünf Ferienheime.

Mit diesem gewaltigen Potential im Rücken gab die Konsumgenossenschaft Berlin den Handel vollständig auf und stieg in die Immobilienbranche ein. Es folgte ein tiefer Absturz bis zur Insolvenz im Jahr 2003. Viele Genossenschaftsmitglieder verloren ihr ganzes Vermögen. In Scharen kündigten sie die Mitgliedschaft. Im Jahr 2007 war Neubeginn am Nullpunkt. ++ (kg/mgn/26.07.18 – 146)

www.genonachrichten.de, www.genonachrichten.wordpress.com, www.genossenschaftsnachrichten.wordpress.com, e-mail: mg@genonachrichten.de, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27

Arztpraxen Silvia Hauser, Berliner Woche, Dagmar Pohle, Denkmalschutz, Ferienheime, Gaststätten, Genossenschaften, Handel, Hotel, Immobilienwirtschaft, Insolvenz, Kinderferienlager, Kindergarten, Konsumgenossenschaft Berlin, Leberecht Paul Ehricht, Sozialeinrichtungen, Verkaufsstellen
Jetzt Spenden! Das Spendenformular wird von betterplace.org bereit gestellt.