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Argentinien: Genossenschaftsvorsitzender verdient gleich viel wie Putzfrau und Empfangsdame

26. Oktober 2017 (geno). Vergütungssolidarität. Das Feature dieser Woche im Deutschlandfunk beleuchtet das Leben und Arbeiten in einem genossenschaftlich organisierten Unternehmen im neoliberalen Argentinien. Die Argentinische Metall- und Plastik-Fabrik (IMPA) versuche sich seit zwei Jahrzehnten gegen die politischen Verhältnisse zu wehren. 1998 sei sie faktisch bankrott gewesen und als erstes argentinisches Unternehmen von Arbeitern besetzt worden. Seither werde sie von ihnen selbst verwaltet und betrieben. „Obwohl wir ein armer Betrieb sind, haben wir es verstanden, etwas aufzubauen. In unserer Fabrik gibt es außer uns drei weitere Genossenschaften, ein Gemeinde-Radio, einen alternativen Fernsehsender, ein Kulturzentrum, ein Museum, die Arbeiter-Universität  und das Volksabitur. Es ist einfach eine Lüge, wenn behauptet wird, es gebe keinen Platz für diese Art von Bildung und Kultur“, sagte ein Sprecher.

Gegenwärtig arbeiten in der Fabrik nur noch 44 Beschäftigte. Viele der alten Arbeiter, die 1998 die Fabrik besetzten, sind in Rente gegangen. Die Produktion musste auf die Herstellung von Farbtuben reduziert werden. Das Sortiment wurde dem Bedarf der Abnehmer angepasst, um die Rentabilität zu steigern und höhere Löhne zahlen zu können.

IMPA-Chef ist der kampferprobte Eduardo Mura. Um Arbeiterrechte durchzusetzen, hat sich der 56jährige linke Peronist mehrfach zusammenschlagen und verhaften lassen, Dutzende von Verfahren wegen angeblicher Amtsanmaßung überstanden. Wegen seiner Unbeugsamkeit wurde er zum Vorsitzenden gewählt. Nach seinen Angaben wurde im vergangenen Jahr zusammen mit einer anderen Gruppe von Arbeitern das Energieministerium besetzt, als die Regierung die Strompreise um 500 Prozent erhöhte. Die Intervention bewirkte eine Art stillschweigende Übereinkunft, dass von Arbeitern selbst verwaltete Unternehmen nur noch die Hälfte bezahlen müssen. In seiner Genossenschaft verdient der Vorsitzende Mura genauso viel wie die Frau am Empfang oder die Reinigungskraft. Das ist der wesentliche Unterschied zu einem „normalen Betrieb“ und bildet die bescheidene Basis der von Arbeitern verwalteten Fabrik. ++ (so/mgn/26.10.17 – 214)

www.genonachrichten.wordpress.com, www.genossenschaftsnachrichten.wordpress.com, www.genossenschaftswelt. de, e-mail: 133mgn@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27

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