Genossenschaften verschwinden seit den 70er Jahren aus der Forschungsagenda

Allgemein

Helsinki/Bilbao, 18. September 2023 (geno). „Die Neuausrichtung des Genossenschaftsrechts an den allgemein anerkannten Genossenschaftsgrundsätzen kann als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung gesehen werden. Seit den 1970er Jahren verschwinden Genossenschaften und Genossenschaftsrecht jedoch aus der Forschungs- und Ausbildungsagenda, vor allem der Wirtschafts- und Rechtswissenschaften; sie verschwinden aus politischen Programmen sowie aus den Tagesordnungen regionaler und internationaler Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen. Einer der Hauptgründe für dieses Verschwinden hängt mit der Leugnung der damaligen Mainstream-Ö,konomen zusammen, anzuerkennen, dass die Nutzung nicht erneuerbarer, begrenzter Ressourcen zum Zusammenbruch der Volkswirtschaften führen muss. Die anschließende Abkoppelung der Finanzen von der Realwirtschaft und dieser von den Bedürfnissen der Menschen führte zu einer allgemeiner Finanzialisierung der Volkswirtschaften und der Etablierung der Finanzleistung als Maß für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Genossenschaften, die nicht auf Kapital ausgerichtet sind und deren primäres Ziel nicht darin besteht, die finanzielle Rendite des eingesetzten Kapitals zu maximieren, mussten nach und nach das Nachsehen haben.“ Vor diesen langfristigen negativen Trends warnt Hagen Henry von der Universität Helsinki in einem Meinungsbeitrag für den spanischen Newsletter des „European Business Ethics Network“ (eben). Von da an sei im Genossenschaftsrecht eine Wende zu beobachten – weg von der Abgrenzung der Genossenschaften, hin zu kapitalorientierten Gesellschaften.

Henry ist außerordentlicher Professor für Rechtsvergleichung und Forschungsdirektor am Ruralia-Institut der Universität Helsinki. Er studierte Rechtswissenschaften in Saarbrücken, Jura und Französisch in Genf. Aus seiner Feder stammen zahlreiche Veröffentlichungen zu Entwicklungsthemen, Landrecht, vergleichendem Recht und Genossenschaftsrecht. Über viele Jahre hinweg tritt Henry, der Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Vereinigungen ist, regelmäßig auf Seminaren und Konferenzen in zahlreichen Ländern auf. Er lehrte Genossenschaftsrecht und -politik unter anderem beim International Training Centre der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Turin, an der Helsinki University Summer School und im Cooperativ Network Studies Program (CNS) von zehn finnischen Universitäten. Seine Schwerpunktthemen im CNS sind seit 2012 kooperative Werte und Prinzipien. Zudem berät der Genossenschaftsexperte staatliche sowie nichtstaatliche, nationale, regionale und internationale Organisationen zu kooperativer Politik und Gesetzgebung. Bevor er als Forschungsdirektor zum Ruralia-Institut kam, war er von 2007 bis 2011 Leiter der Genossenschaftsabteilung des Internationalen Arbeitsamtes. ++ (bl/mgn/18.09.23 – 123)

www.genonachrichten.de, e-mail: mg@genonachrichten.de, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27

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