Zürich, 11. November 2020 (geno). In der Schweiz gibt es mehr Genossenschafts Mitgliedschaften als Haushalte. Die Genossenschaft durchdringt als Organisationsform sämtliche Wirtschaftszweige des Alpenstaates. Darauf weist Prof. Peter Forstmoser aus Zürich hin, der sich die Frage stellt, ob die Genossenschaft inzwischen ein Anachronismus geworden ist oder als Rechtsform der Zukunft am gesellschaftlichen Horizont aufsteigt. Der Genossenschaftsidee seien zahlreiche Spannungen zwischen polaren Tendenzen immanent. Sie sei primär für die Tätigkeit im persönlich überschaubaren Raum geschaffen. Gleichzeitig wohne ihr eine Tendenz zu Wachstum und Größe inne. Ein Beispiel dafür verkörpert die vor drei Jahrzehnten entstandene weltweit tätige und im schweizerischen Zug ansässige Unternehmensberatung KPMG, deren Gründung auf die Firmen Goerdeler (Deutschland), Marwick (USA), Klyveld (Niederlande) und Peat (Großbritannien) zurückgeht. Nach den Worten von Forstmoser ist die Genossenschaft als Förderungswirtschaft konzipiert worden – also als Gesellschaft, die an den Bedürfnissen der Mitglieder auszurichten ist. Die enorme Spannweite, die diese Rechtsform im gesetzlichen System der Schweiz erreicht werden konnte, erklärte die vielfältige Verwendung der genossenschaftlichen Rechtsform in der Praxis. Genossenschaften, die keinen Förderauftrag im ursprünglichen Sinn mehr erfüllen, sind nach Auffassung des Genossenschafts- und Gesellschaftsjuristen „immerhin als atypisch zu qualifizieren“.
Dieses niederschmetternde Urteil dürfte die Mehrzahl der Genossenschaften in Deutschland betreffen. Umso interessanter sollte die Diskussion werden, die sich im Zusammenhang des gerade im Deutschen Bundestag gestellten Antrags zu Genossenschaften entwickeln muss. Es ist ein Gesetz geplant, mit dem Kooperativen demokratisiert und mitgliederorientierter werden. ++ (ev/mgn/11.11.20 – 171)
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