Zwei Millionen Genossenschaftswohnungen – Täglich 232 Sozialwohnungen weniger

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Bonn, 11. November 2019 (geno). Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) Köln gibt es gegenwärtig rund zwei Millionen Genossenschaftswohnungen in Deutschland. Darüber informierte der Wohnungsexperte des Instituts, Michael Voigtländer, am Montag im Bonner Dokumentationskanal „Phoenix“ in einer Diskussionsrunde zur Wohnungsfrage, an der auch der Vorstandssprecher der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA), Christopher Krupp teilnahm. Der ehemalige Hamburger Wirtschaftssenator zeigte sich wenig geneigt, aus dem riesigen Bestand an Grund und Boden in seinem Verfügungsbereich für den Bau von Sozialwohnungen bereit zu stellen.

Voigtländer wies auf die enormen Potentiale hin, die Genossenschaften für preiswerten Wohnraum bergen. Ein besonders vorzeigenswertes Beispiel wurde in der Sendung „Phoenix plus“ aus München präsentiert. Dort hat der 77jährige Wolfgang Fischer, dem in der Münchner Innenstadt ein geerbtes Mehrfamilienhaus im Wert von zwölf Millionen Euro gehört, für eine geradezu samaritische Soziallösung für das Wohnen in Stadtzentren gesorgt. Für den Fall seines Todes wird das Wohngebäude von einer Genossenschaft übernommen. Sie ist dann verpflichtet, die günstigen Mietkonditionen der Bewohner beizubehalten. Das gilt auch für die Entscheidung des jetzigen Eigentümers, bei Geburt eines Kindes den jeweiligen Eltern die Monatsmiete um 50 Euro auf Dauer zu gewähren. Dieses mustergültige Sozialexperiment stieß bei dem zuständigen Finanzamt auf größtes Missfallen. Die Behörde wollte ein solches Verhalten nicht dulden und verklagte Fischer, mit der Forderung die Mieten anzuheben. Sein Mietgeschäft sollte als Liebhaberei eingestuft werden.

Ebenfalls zu Wochenbeginn wurden alarmierende Zahlen aus dem Wohnungssektor bekannt. Es gibt in Deutschland derzeit 678.000 Wohnungslose – ein Anstieg um 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Davon sind 41.000 Menschen komplett obdachlos. Wie die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung mitteilt, gibt es in 77 deutschen Großstädten nur zwei Millionen Wohnungen mit Sozialbindung. Laut Industriegewerkschaft (IG) BAU haben im vergangenen drei Jahren bundesweit 84.550 Wohnungen pro Jahr ihre Sozialbindung verloren. Täglich sinkt die Zahl der Sozialwohnungen um 232. „Der soziale Wohnungsbau verödet“, sagt IG BAU-Bundesvorsitzender Robert Feiger. ++ (wg/mgn/11.11.19 – 194)

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