Gartenstädte haben genossenschaftliches Grundmuster

Dresden/Karlsruhe, 19. Dezember 2017 (geno). Vor 100 Jahren stand die Gartenstadtbewegung in England und Deutschland in voller Blüte. Dass ihr ein genossenschaftliches Konzept zugrundeliegt, wissen nur wenige Experten. Die Statuten schrieben damals vor: „Eine Gartenstadt ist eine planmäßig gestaltete Siedlung auf wohlfeilem Gelände, das dauernd in Obereigentum der Gemeinschaft gehalten wird, derart, dass jede Spekulation mit dem Grund und Boden unmöglich ist.“

Mit dieser ursprünglichen Zielsetzung ging man weit über das hinaus, was Villenkolonien oder der Werkswohnungsbau leisten wollten. Im Mittelpunkt der Gartenstadt-Gesellschaft stehen zwei zentrale Punkte: Erstens sollten städtebaulich mit einer weiträumigen und niedrigen Bauweise gesunde Wohnungen geschaffen werden, die auch einen Zugang zu eigenem Garten einschließen. Zweitens gibt es nach genossenschaftlichem Prinzip ein Gemeineigentum an Grund und Boden. Der durch die Umwandlung von Ackerland in neugeschaffene Wohnfläche erzielte Wertzuwachs verbleibt in der Gemeinschaft und eine Bodenspekulation wird vermieden.  Mieten werden nach dem Kostendeckungsgrundsatz erhoben und bleiben dauerhaft niedrig. Die Mieter sind zugleich Genossenschaftsmitglieder und erhalten ein von der Genossenschaft praktisch unkündbares Dauerwohnrecht. 

Die ersten deutschen Gartenstädte entstanden in Dresden Hellerau, in Nürnberg mit der Wohnkolonie am Rangierbahnhof und in Gestalt des Theolottviertels in Augsburg. Letzteres hatte Baubeginn 1907 und erlebte seine Fertigstellung 1929. Fälschlicherweise wird die Kruppsiedlung Margarethenhöhe in Essen als Gartenstadt eingestuft. Ihr fehlt nämlich die genossenschaftliche Basis. Ganz anders dagegen liegt der Fall bei der 1905 in Karlsruhe-Rüppurr von Hans Kampffmeyer mitgegründete Gartenstadt-Genossenschaft. Sie folgt dem ganzheitlichen sozial geprägten Anspruch der englischen Gartenstadtbewegung und schloss in einer Art Bündnis Sozialreformer, Architekten, Volkswirte, Hygieniker, Kommunalpolitiker und Verleger zusammen. Die beiden Weltkriege dämpften die hohen Qualitätsansprüche. Nach dem Zweiten Weltkrieg brach die Bewegung ab. Von der Idee der Gartenstadt blieb nur das Einfamilienhaus mit Garten übrig. ++ (gt/mgn/19.12.17 – 261)

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