Hamburg, den 26.06.25. Immer häufiger haben Genossenschaften Probleme aktive Mitwirkende zu finden. Vereine stehen vor vergleichbaren Herausforderungen.
Wissen Sie, was ein Bootshauswart ist? Das ist ein Mann oder eine Frau, der oder die sich ehrenamtlich ein, zwei Stunden die Woche um Haus und Hof kümmert: Rasenmähen, schauen, wo Reparaturen nötig sind, kleinere Reparaturen selbst durchführen, Koordination der Clubdiensttage, an denen Vereinsmitglieder zweimal im Jahr Gartenarbeiten erledigen, Ansprechpartner bei Fragen. Am besten handwerklich geschickt, aktiver Sportler, mit Freunde an Menschen und dem Verein verpflichtet.
Der letzte Boothauswart war über 20 Jahre dabei, ein brummiger Kerl. Seither ist die Stelle vakant.
Warum? Die Generation, der der alte Bootshauswart angehörte, ist nicht nur in Rente, sondern auch an der Grenze der körperlichen Leistungsfähigkeit. Sie steigt nicht mehr auf Leitern, sieht den Nagel nicht mehr so gut und hört auch nicht mehr alles so wie früher. Diese Generation, mit Arbeitszeiten bis zu 48 Stunden die Woche, wusste, wie man Bäume sägt, wie man Nägel einschlägt, wie man Büsche beschneidet, wie man Unkraut zupft, Schnittgutbehälter aus Holz zimmert oder schnell mal einen Schuppen hinstellt. Ob es nun ein Büromensch war oder ein Akademiker oder ein Arbeiter, alle hatte die gleiche Sozialisation: Bevor Du eine Firma beauftragst, probierst Du es selbst. Eigenarbeit macht stolz.
Inzwischen gibt es seit über einem Jahr keinen Bootshauswart mehr und auch in anderen Bereichen des Vereinslebens hakt es mit Freiwilligenarbeit. Wer willig ist und sich einbringt, ist Baby-Boomer oder noch in den 50iger. Darunter wird die Luft dünn.
Warum? Die jüngeren Generationen haben viel zu viel zu tun. Neben der 39 Stunden-Woche oder dem Studium haben sie mindestens drei verschiedenen Sportarten als Hobby, müssen sich um ihre Freundin kümmern, Netflix gucken und social-media mit ihren sportlichen Aktivitäten und Erfolgen bedienen. Dazu kommt, dass sie zwar medial perfekt vernetzt sind, aber einen Hammer zu nehmen oder eine Dachrinne zu säubern ist dann doch nicht so deren Ding. Zur Ehrenrettung muss man sagen: Sie können es einfach nicht. Was kaputt ist, wird weggeworfen oder man ruft eine Firma. Sie hängen lieber ihre nassen Sachen auf dem Dachboden, dessen Balken daraufhin verrotten oder überlassen das Säubern des Gemeinschaftsbusses den nachfolgenden Benutzer, weil sie ja schnell weg müssen. Sollen sie einen Bericht schreiben, scheitert das an der Komplexität der Aufgabe, sich aufzuraffen und man kann dankbar sein, wenn im Falle der Überwindungen Rechtschreibung und stilistischer Ausdruck angemessen sind.
Ehrenamtliche Tätigkeit? Och nö, das ist nichts für mich. Ich zahle ja Beiträge. Einbringen in die Gemeinschaft für die gemeinsame Sache? Och nö, ich steh nicht so auf Vereinskram. Das ist mir zu eng. Ich zahle doch Beiträge. Zumindest mal den eigenen Schiet wegmachen? Ei, entspann Dich, ich zahle doch Beiträge, wir haben doch Putzkräfte.
Dieser kleine Einblick in das Vereinsleben 2025 lässt sich auf auf die Genossenschaften übertragen. Es gehört inzwischen viel Optimismus und Überzeugungsarbeit dazu, Freiwillige zu finden, die sich engagieren und die Genossenschaftsidee leben. Die Gemeinschaft Gleichgesinnter ist kein Selbstzweck mehr, das gemeinsame Erschaffen und Bewahren vor Ort mühsam. Natürlich gibt es den einen oder anderen Glücksfall, aber leichter wird es nicht. Vernetzung, Teilen, Networking, alles moderne, schöne Worte mit schönem Inhalt. Wird es dann konkret, kommt das große Schweigen. Dann wird lieber delegiert, als selbst Verantwortung zu übernehmen und wenn dann niemand mehr den Delegierten spielen will, wird das Projekt eingestellt.