Die BaFin, Cum-Ex und der Prüfungsgegenstand

Am 21.03.2021 findet sich ein Artikel von Marcus Jung und Hanno Mußler in der Frankfurter Allgemeine Zeitung über die BaFin, in der es um die Verwicklung der BaFin in den Cum-Ex-Skandal geht. Der Cum-Ex Skandal ist einer der größten Steuerbetrugsfälle der Geschichte,  bei dem im Aktienhandel die anfallende Kapitalertragssteuer mehrfach rückerstattet wurde. Raimund Rösler, Exekutivdirektor und derzeit kommissarischer Leiter der BaFin, musste im Strafprozess am Landgericht Bonn gegen als Zeuge gegen einen früheren Generalbevollmächtigen der Bank M.M.Warburg, Hamburg aussagen.

Kern seiner Aussagen, die der FAZ vorliegen, ist, dass die BaFin nicht zuständig gewesen sei. Handlanger für die Staatsanwaltschaft sei sie aber auch nicht gewesen, als sie das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte 2016 als Sonderprüfer in die Warburg-Bank schickte. Andererseits gab es insgesamt nur zwei Sonderprüfungen mit Bezug zu Cum-Ex. Zu den Risiken von Schiffskrediten gab es zwischen 2009 und 2013 immerhin 15 Sonderprüfungen. 

Rösler tat kund, dass die BaFin keine Steuerrechtskompetenz habe,  sondern „die Solvenz, also die Robustheit der zu beaufsichtigenden Banken und die persönliche Zuverlässigkeit und fachliche Eignung der Geschäftsleitung“ prüfe (FAZ). Daher wurde weder Cum-Ex kritisch hinterfragt und auch nicht steuerrechtlich  ermittelt. Man verließ sich auf Gespräche, interne Revision und auf die Untersuchungen spezialisierter Kanzleien. Selbst als in der Politik bereits Handlungsbedarf gesehen wurde, prüfte die BaFin lediglich, ob genug Kapital für Steuernachforderungen zurückgestellt wurde, nicht aber, ob die Geschäfte legal waren. Das entsprach allerdings der Rechtsprechung, eine Zusammenarbeit der BaFin mit der Steuerfahndung oder der Staatsanwaltschaft war zu dieser Zeit anscheinend nicht legal. Erst 2015, aufgrund einer Gesetzesänderung, teilte die Bafin mit, welche Banken Cum-Ex Risiken hatten, zu einem Zeitpunkt, wo das Geld bereits ins Ausland transferiert worden oder gewaschen war. Selbst ermitteln hätte die Bafin, laut Rösler, nicht dürfen. Einen Verdacht weiterleiten, z.B. mithilfe von Wirtschaftsprüfungskanzleien, wohl auch nicht.

Dem regelmäßigen Lesern der GenoNachrichten, die sich regelmäßig mit Genossenschaftsbanken, Prüfungsverbänden und der BaFin beschäftigen, kommen nach der Lektüre der FAZ womöglich folgende Gedanken:

  1. Die Bafin als Finanzaufsicht stößt auf Aktivitäten, die selbst der Laie als strafbar empfinden würde. Cum-Ex ist so, als würde man eine Pfandflasche kaufen und die Flaschen so weiterleiten, dass andere mehrfach Pfand dafür zurückbekommen, so oft es gefällt. Ein tolles Geschäft, aber legal? Und die BaFin als Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, welche auch die Aufsicht über den Wertpapierhandel hat, prüft nur, ob genug Geld auf dem Sparbuch ist, falls man die Millionen, die man sich mit Pfandgutschriften angeeignet hat, wieder zurückzahlen muss? Erschreckend genug, dass Steuerbehörden, Politiker, Anwälte und viele andere sich der Legalität dieser Aktion versicherten anstatt darauf zu dringen, dass umgehend Gesetze geändert werden. Aber eine in öffentlichem Interesse tätige Finanzaufsicht, die dem Finanzministerium untersteht, darf keine Informationen weiterleiten, wenn der Staat und alle Steuerzahler von Banken und anderen Spielern der Finanzbranche geplündert werden? Sind es falsch verstandene Datenschutzbestimmungen, weil sie sich aus Gebühren und Umlagen der beaufsichtigten Institute und Unternehmen finanziert (www.bafin.de)? Die Website zum Selbstverständnis der BaFin: „Ihr Hauptziel ist es, ein funktionsfähiges, stabiles und integres [sic!] deutsches Finanzsystem zu gewährleisten. Bankkunden, Versicherte und Anleger sollen dem Finanzsystem vertrauen [sic!] können. …. und darüber hinaus die Gemeinschaft der Verbraucher schützen…. Zu ihren Aufgaben gehört es auch zu verhindern, dass das Finanzsystem zu Zwecken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung missbraucht wird.“ (www.bafin.de, Menupunkt Aufgaben und Geschichte der BaFin, 29.01.2020, Abruf 21.03.2021). Aber anscheinend werden nur die Geschäftsmodelle an sich und die Geschäftsaktivitäten aufgrund bestimmter Formalien einer Prüfung unterworfen und geschaut, ob die Geschäftsleitung kooperiert. 
  1. Glückwunsch an die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden. Bereits 2018 gab es eine Sonderprüfung, die aber zu keinem Ergebnis führte. Eine zweite Prüfung Anfang des Jahres 2021 fiel aus und eine weitere wurde nun im März 2021 gerichtlich wegen Gefahr im Verzug angeordnet. Sie soll am 12. April 2021 stattfinden und die Kreditvergabe u.a. an Profivereine prüfen. Das sind nun schon drei angesetzte Sonderprüfungen für die Genossenschaftsbank aus Thüringen. Damit kommt der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden, die angesichts der erschwerten Rahmenbedingungen für Banken mit ungewöhnlichen Maßnahmen und Mitarbeitern, wie Stefan Effenberg, Geld verdient, eine höhere Bedeutung zu, wie den Cum-Ex Banken. 
  1. Die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden hat Erfahrung damit, dass die BaFin vor allem die  persönliche Zuverlässigkeit und fachliche Eignung der Geschäftsleitung prüft. Bereits im November 2018 wurden Versuche publik, den Vorstand Stefan Siebert aufgrund von Immobiliengeschäften der Bank des Jahres 2014 aus dem Amt zu drängen. Die Prüfung der Kreditvergabe an Profivereine 2018  durch EY ließ kein Fehlverhalten erkennen, und die wirtschaftlichen Erfolge der Genossenschaftsbank ergeben sich schließlich aus den Zahlen, die deutlich über den Branchendurchschnitt liegen. Dass man hier nun erneut eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für eine Sonderprüfung bestellt, um die Kreditvergabe zu prüfen, gleichzeitig aber bei Banken Steuerbetrug für integer hält, gehört wohl zu den Dingen, die in diesem Lande rätselhaft bleiben.

Es beschleicht einen der Gedanke, das manche Genossenschaftsbank besser dran wäre, wenn diese eben keine Genossenschaft wäre.
Ein Beitrag von Dr. A. Neumann, igenos e.V.

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