Karl Marx trifft auf Adam Smith – 30 Jahre Mauerfall

30 Jahre Mauerfall. Es ist wenig bekannt, aber Adam Smith (1723 -1790) gilt als Urheber der bis heute gültigen, neoliberalen Wirtschaftspolitik, der Ideologie des schlanken Staates, der offenen Grenzen und eines sich selbst regulierenden Marktes, der sogenannten unsichtbaren Hand und damit einer Privatisierungs- und Umverteilungspolitik, die weltweit großen gesellschaftspolitischen Schaden angerichtet hat. Der deutlich bekanntere Karl Marx gilt derzeit als großer Verlierer.   

In seinem Essay 
„Schlanker Staat“ weist Jan Ulrich Hasecke darauf hin, dass die Vertreter des Neoliberalismus keine Sekunde zögern, „den Staat exzessiv aufzublähen, wenn es rentierlich ist.“ So habe man 1990 nach dem Zusammenbruch des Sozialismus in der DDR, die bloß noch das Etikett eines Staates trug, eine ›Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums‹ gegründet, schreibt er in seinem Essay, aus dem wir im Folgenden mit freundlicher Genehmigung des Autors einen längeren Auszug bringen:

Die formale Hülle der Treuhandanstalt wurde zwar von der Volkskammer der DDR beschlossen, die Ausgestaltung des Claims übernahm jedoch die westdeutsche Elite. Vermutlich konnten sich diejenigen, die so großes Vertrauen in den schönen Begriff der treuen Hand hatten, kaum vorstellen, dass sie dem Kapital mit der Treuhandanstalt das denkbar effizienteste Werkzeug zur Ausplünderung der an die Bundesrepublik angeschlossenen Kolonie in die gierigen Hände gelegt hatten.

Die Treuhandanstalt erhielt das unbeschränkte Verfügungsrechte über alle volkseigenen, und damit in den Augen der westdeutschen Elite herrenlosen Vermögenswerte. Solange sie ihren gesetzlichen Auftrag erfüllte und das Gemeinschaftsvermögen in Privatvermögen veruntreute, konnte die Treuhandanstalt mit den Unternehmen und Grundstücken machen, was sie wollte.

Es wurde keine Sekunde gezögert, den Auftrag zu erfüllen. Die monströse Behörde begann sofort mit der Privatisierung eines Vermögens, das man damals auf rund 600 Mrd. DM schätzte. Die Liquidierung sollte so schnell wie möglich über die Bühne gehen, denn mit der Zeit erwartete man steigenden Widerstand gegen die koloniale Besetzung der DDR. Die ›Treuhänder‹ wurden sogar gesetzlich von jeder Haftung freigestellt. Sie standen über dem Gesetz, mussten sich vor niemandem rechtfertigen und konnten so ihren Auftrag in Rekordzeit erledigen. Der Staat funktionierte reibungslos. Was das veruntreute Gemeinschaftsvermögen der DDR heute wert wäre, kann sich wohl kaum jemand vorstellen.

Wären die volkseigenen Betriebe in selbstverwaltete Betriebe umgewandelt worden, hätten die westdeutschen Eliten mit knapp zehntausend Belegschaften mühsam über die Übernahmekonditionen verhandeln müssen. Die Filetstücke hätten sich womöglich aus eigener Kraft saniert und wären vielleicht bis heute kollektive Musterunternehmen, die den Kapitalismus in Frage stellen. Doch glücklicherweise waren die Betriebe nie in der Hand der Werktätigen, sondern immer staatliches Eigentum. Der Staatssozialismus der DDR spielte also den westdeutschen Eliten in die Hände, da die Arbeiter und Bauern ihre Betriebe niemals als ihre eigenen erlebt hatten. Bestenfalls verstanden sie sich im realexistierenden Sozialismus als Verwalter fremden Eigentums. Es ist daher kein Wunder, dass die Bürger der DDR niemals einen ernsthaften Versuch machten, das ehemals volkseigene Vermögen zu verteidigen. Und wenn man die Gründung der Treuhandanstalt als einen solchen Versuch bezeichnen wollte, so wäre er gründlich schief gegangen.

Der Protest der ehemaligen DDR-Bürger richtete sich ausschließlich gegen den Verlust ihrer Arbeitsplätze. Es wäre eine soziologisch interessante Fragestellung, einmal zu ergründen, warum die ehemaligen DDR-Bürger lediglich Anspruch auf einen Arbeitsplatz erhoben, niemals aber auf die Produktionsmittel. Der Staatssozialismus hatte jeden Gedanken an genossenschaftliches Gemeineigentum im Keim erstickt.  

Weitere Essays von Jan Ulrich Hasecke finden Sie auf der Website www.sudelbuch.de

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