Genossenschaft light – wann kommt die KoopG

Berlin, den 7.11.2025.Die Debatte um eine „Genossenschaft light“ kreist seit mehr als einem Jahrzehnt um die Frage, wie bürgerschaftliche und kleinteilige Kooperationen einfacher, schneller und kostengünstiger zu einer geeigneten Rechtsform gelangen können, ohne den spezifischen Mitgliederschutz und die Solidität der Genossenschaftsidee preiszugeben. Gemeint ist damit eine deutlich erleichterte Variante der eingetragenen Genossenschaft für sehr kleine, mitgliedergeführte Vorhaben wie Dorfläden, Pflege- und Wohnprojekte, Handwerkskooperationen oder Bürgerenergie-Initiativen.

Ausgangspunkt war die Vorstellung einer Kooperationsgesellschaft („KoopG“) als einer Art „UG der eG“. Dieser Ansatz sah eine haftungsbeschränkte, genossenschaftsnahe Rechtsform mit spürbaren Entlastungen im Prüfungswesen vor, insbesondere mit Befreiungen von Verbandszwang und Regelprüfungen unter klar definierten Schwellen. Der Referentenentwurf erreichte seinerzeit jedoch nicht das Gesetzblatt, prägte aber bis heute das Nachdenken über passgenaue Erleichterungen. Parallel dazu setzte die Genossenschaftsrechts-Novelle 2006 wichtige Signale mit der Reduktion der Gründungsvoraussetzungen, der Möglichkeit eines Ein-Vorstands und Prüfungsvereinfachungen für kleine Einheiten. In der Praxis wuchs dennoch das Bedürfnis nach weiteren, risikoadäquaten Entlastungen, weil Fixkosten und Formalaufwand bei Mikro-Projekten relativ stark ins Gewicht fallen.

Die empirische Bestandsaufnahme der folgenden Jahre ergab ein differenziertes Bild. Viele Genossenschaften bewerteten die Pflichtprüfung und die Begleitung durch Verbände grundsätzlich positiv, sahen aber bei Kleinstprojekten disproportionale Belastungen. Diese Spannungslinie führte zu drei Lösungsrichtungen: erstens zu Vorschlägen für abgestufte, digitale „Micro-Prüfungen“ mit klaren Schwellen und automatischem Übergang in die volle Prüfung bei Wachstum oder erhöhtem Risiko; zweitens zur erneuten Diskussion einer eigenständigen „Light-Rechtsform“ nach dem Vorbild der KoopG; drittens zur pragmatischen Nutzung des wirtschaftlichen Vereins in seltenen Ausnahmefällen, wenn eG oder Kapitalgesellschaft im Einzelfall unzumutbar erscheinen. Letzteres gilt jedoch nicht als gleichwertiger Ersatz, sondern als eng begrenzte Auffanglösung.

Rechtspolitisch hat sich seit 2024/2025 eine Modernisierung des bestehenden Genossenschaftsrechts durchgesetzt, die vor allem digitale Verfahren, schnellere Registerabläufe, Klarstellungen zum Förderzweck und praktikablere Prozesse stärkt. Eine eigenständige „KoopG“ steht demgegenüber weiterhin nicht im Gesetz. Damit liegt der Schwerpunkt gegenwärtig auf einer Verbesserung der „normalen“ eG, nicht auf der Schaffung eines neuen Rechtsformtyps. Für Gründerinnen und Gründer kleiner Vorhaben bedeutet das: Die eG bleibt der primäre Anker für kooperative Teamgründungen, und der Hebel für „leicht“ liegt heute vor allem in klugem Satzungs- und Prozessdesign, in der frühen Wahl eines passenden Prüfungsverbands sowie in der risikoadäquaten externen Prüfung.

Inhaltlich lassen sich die Argumente pro „Light“ auf die Senkung der Einstiegshürden, die stärkere Sichtbarkeit kooperativer Gründungen in der allgemeinen Beratung und die Vermeidung von Ausweichbewegungen in unpassende Rechtsformen verdichten. Dagegen steht der legitime Anspruch auf Systemschutz: Pflichtprüfung und Verbandsaufsicht stabilisieren Governance, Transparenz und Haftungsklarheit gerade dort, wo unternehmerische Erfahrung begrenzt ist. Jede Entlastung muss daher die Proportionalität wahren und darf den Mitgliederschutz nicht unterlaufen.

Aus Sicht der Praxis zeichnet sich ein realistischer Weg nach vorn ab. Erstens sollte das Prüfungswesen für Kleinst-eG in Stufen organisiert werden, mit klaren, einfach messbaren Schwellen für Mitgliederzahl, Umsatz, Bilanzsumme und Fremdkapital sowie mit einem automatischen, friktionsarmen Hochwuchs in die normale Prüfung beim Überschreiten dieser Schwellen. Zweitens braucht es standardisierte, digitale Default-Prozesse von der Gründung bis zur Mitgliederverwaltung, um Zeit und Kosten zu reduzieren, ohne die Rechenschaftslegung auszuhöhlen. Drittens helfen transparente, gedeckelte Fixkostenpakete und Ratenmodelle gerade in der Anlaufphase, die Liquidität kleiner Projekte zu schützen. Viertens gehört zu jeder „Light“-Lösung ein Mindestset an Schutzmechanismen wie ein einfaches, standardisiertes Berichtswesen, digitale Kassen- und Kontenprüfung, niederschwellige und regelmäßige Kommunikation und ein fest definiertes Vorgehen bei Unregelmäßigkeiten.

Der Status quo lautet somit: Es gibt keine gesetzliche „Genossenschaft light“ im Sinne einer KoopG, aber es gibt eine modernisierte eG, die mit ihrer Ausgestaltung schon heute nahe an die gesuchten Entlastungen heranreichen kann. Wer jetzt gründet, sollte die eG bewusst als Führungs- und Förderform einsetzen, die Verbandswahl früh und strategisch treffen, den Prüfungsumfang risikoorientiert verhandeln und bewährte Satzungsbausteine nutzen. Rechtspolitisch bleibt die Kernfrage offen, ob der Gesetzgeber künftig eine echte „Micro-Stufe“ innerhalb der eG verankert oder eine separate Light-Variante zulässt. In beiden Fällen entscheidet am Ende die Umsetzbarkeit und Akzeptanz der Vorgaben:Transparenz, klare Leitplanken und Schwellen, digitale Prozesse, verlässlicher Mitgliederschutz und Mitgliederförderung, sowie nachvollziehbare, planbare Kosten. „Die Praxistauglichkeit einer „Genossenschaft light“ wird sich an der Glaubwürdigkeit und Akzeptanz messen lassen,“ so die Aussage von Gerd K. Schaumann, VDP Mitunternehmerverband e.V.

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